Fan Fiction ❯ Rosenflammen ❯ Neues Leben ( Chapter 1 )
[ A - All Readers ]
Als Seag die Augen aufschlug, blickte er an die Decke, welche mit einem eigenartig glitzernden, schwarzen Stoff verhangen war.
Verwirrt runzelte er die Stirn und setzte sich langsam auf. Die Wände waren ebenfalls mit diesem schwarzen Stoff verhangen
und Fenster konnte er nicht sehen. Vielleicht waren sie hinter dem Stoff verborgen. Das Bett in dem er lag schien auf einem
Sockel zu stehen. Zumindest kam es ihm so vor. Sehen konnte er es nicht, da er genau in der Mitte des Bettes lag und so den
Rand nicht überblicken konnte. Im Raum war es dunkel und obwohl keine einzige Lichtquelle zu sehen war, konnte er alles mit
solch einer Schärfe betrachten, dass es schon eigenartig war. Das Bett in dem er lag, wurde von Säulen umrundet, vor denen
eigenartige Figuren standen. Als er sie genauer betrachtete, schreckte er zurück. Das konnte doch nicht wirklich sein. Sie
sahen aus wie riesige Wölfe, die auf ihren Sockeln ruhten und zu schlafen schienen, doch das war es nicht, dass ihn so sehr
erschreckt hatte. Diese Figuren schienen zu leben. Das war doch ganz unmöglich. Die zwei Dutzend Figuren lagen in fast
synchroner Stellung da, doch jedes mal wenn er eine der Figuren genauer betrachtet, sah er wie sich der Brustkorb hob und
senkte. Seag schluckte schwer und riss seinen Blick von den Säulen und den Statuen davor los. Es waren ganz bestimmt Statuen,
etwas anderes konnte es nicht geben. Ein riesiger schwarzer Marmortisch stand an der rechten Wand und sah aus, als wäre er
schon sehr alt. Seag konnte nicht sagen warum er das glaubte. Weder Spuren von Abgenutztheit, noch eine Staubschicht oder
sondergleichen zeigte, dass er benutzt wurde, oder eben nicht benutzt. Aber es war wie ein Wissen, dass in seinem Kopf
verankert war. Der Sessel aus schwarzem Ebenholz stand pingelig genau halb unter den Tisch geschoben und halb davor. Gott,
diese Einzelheiten brachten ihn noch um. Er konnte sogar die schwarze Rosenverzierung sehen, was doch eigentlich unmöglich
war. Bei dem Licht und der Tatsache, dass sie sich kaum von dem Holz unterschied. Sein Blick glitt weiter und stoppte bei
einer Anzahl von kleinen, ebenfalls schwarzen Marmorsäulen, die wie eine Allee wirkten und zu einem riesigen Loch in der
Wand führten. Dieses Loch war ihm gar nicht aufgefallen, aber es interessierte ihn auch nicht sonderlich, wo es hinführte.
Sein Blick glitt weiter durch den Raum und blieb an einem riesigen Bild hängen, das in der Luft zu schweben schien. Ein
junger Mann war darauf zu erkennen. Das lange schwarze Haar reichte ihm bis zur Hüfte und die eisblauen Augen blitzten, was
bei einem Gemälde doch eigentlich unmöglich war oder? Er wollte dieses Bild jetzt nicht ansehen. Dieser Raum lies das mulmige
Gefühl wieder entstehen, das sich in seinem Bauch breit machte. Beiläufig registrierte er, dass die Decke aus hellblauer
Seide bestand und hielt inne. Dieses hellblau stand in einem starken Kontrast zu der sonstigen Einrichtung und war der
einzige Farbklecks in dem Raum. Bis auf das Gemälde. Wieder huschte sein Blick zu dem Bildnis und die Augen schienen ihm zu
folgen. Jeder seiner Bewegungen. Seag du bist echt paranoid. Das kann doch nicht wahr sein. Du hast einfach zu viel Alkohol
getrunken, das ist alles und jetzt hast du einen Traum. Doch dieser Beschwichtigungsversuch hatte einen großen Fehler. Seag
trank niemals Alkohol. Seit er einmal nach einem Übermaß von Alkohol davon geträumt hatte, dass ein schwarz geschwingtes
Wesen seinen Eltern das Herz herausgerissen hatte, hatte Seag es vermieden wieder etwas zu trinken. Nun schlug er entschlossen
die Bettdecke zur Seite und versuchte aus dem Bett zu krabbeln, als sich eine der Figuren bewegte und auf ihn zusprang. Wie
versteinert starrte Seag die Statue an und musste feststellen, dass es wirklich ein übergroßer Wolf war. Er konnte nicht
einmal daran denken, dass er jetzt sterben würde, als der schwere Körper des Wesens ihn auch schon auf die Matratze drückte.
Mit einem Schrei schloss Seag die Augen und erwartet den tödlichen Biss in die Kehle, doch was er stattdessen Spürte hätte
ihn fast abermals aufschreien lassen. Etwas nasses glitt über sein Gesicht und heißer Atem schlug ihm entgegen. Als er die
Augen öffnete konnte er die rosige Zunge des Ungetüms erkennen, die über sein Gesicht führ, als wäre er ein saftiger Knochen.
Immer noch starr vor Schreck, konnte er das Tier nur aus entsetzte geweiteten Augen anstarren.
"Sai musst du ihn denn so erschrecken?"
Die rosige Zunge verschwand wieder in dem erschreckend großen Maul des Tieres. Der Kopf des Wesens wand sich von Seag ab und
als dieser dem Blick des Tieres folgte, konnte er den Fremden sehen, der ihn entführt hatte.
"Sai runter von ihm, du bringst ihn mit deinen Tonnen ja noch um."
Das Tier rührte sich nicht von der Stelle und focht ein Blickduell mit dem Anderen aus. Zumindest sah es für Seag so aus,
denn ob der Fremde ihn überhaupt ansah oder nicht, das konnte man nicht festatellen, da seine Augen immer noch von einer
schwarzen Sonnebrille verdeckt wurden.
Erst nach einigen Minuten trat das Tier den Rückzug an und lies von Seag ab. Es entfernte sich aber nicht weit von diesem,
sondern blieb ab Bettrand sitzen und betrachtete Seag.
Dieser rappelte sich auf und rutschte von dem Tier und gleichermaßen von dem Fremden weg. Sein Blick huschte zwischen den
beiden hin und her.
~Er scheint Angst zu haben. Hast du ihn nicht auf das hier vorbereitet?~
~Habe ich ihn überfallen oder du? Ich bin schließlich nicht zu ihm ins Bett gesprungen und habe ihn abgeleckt.~
~Hättest du aber gern getan nicht war Antin?~
Der Fremde sagte nichts mehr, sondern ging auf das Bett zu.
"Hey halt. Bleib gefälligst wo du bist."
Antin blieb tatsächlich stehen und musterte den Jungen im Schutz der Sonnenbrille.
"Ich will wissen was hier vor sich geht." Seag war beunruhig von den Worten, welche die beiden gesprochen hatten ohne die
Lippen zu bewegen.
"Was soll hier vorgehen Seag? Wir haben dich nach Hause geholt."
"Nach Hause?" Seag sah sich demonstrativ um. "Das sieht aber nicht unbedingt nach meiner Wohnung aus. Ziemlich groß für die
billige Miete und außerdem wäre mir Marmor viel zu pompös."
Ein leichtes Lächeln überzog Antins Lippen. "Dein freches Mundwerk ist dir nicht abhanden gekommen."
"Warum sollte es auch."
Antin kam wieder auf ihn zu.
"Ich sagte, du sollst stehen bleiben." Seag verkroch sich noch mehr in den Kissen.
~Na wer macht ihm denn jetzt Angst?~
~Halt die Klappe Sai.~
"Hört auf!" Seag schlug sich die Hände auf die Ohren. "Verschwindet beide!"
Die Köpfe der anderen Wesen flogen hoch und blickten Seag an. In ihren Blicken stand Verwirrung.
Seag schien das gar nicht mitzubekommen. Er hatte die Augen zusammengepresst und versuchte nichts mehr zu hören. Als er
einige Zeit lang wirklich nichts hörte, öffnete er langsam die Augen. Die Szene schien wie erstarrt.
Antin hatte mitten im Schritt inne gehalten. Die Wesen auf ihren Sockeln waren erstarrt und Sai blickten ihn aus starren
Augen an. Erst als eine zarte Hand seine Wange berührte, bemerkte er die Anwesenheit einer weiteren Person. Langsam wand er
den Kopf und blickte in goldfarbene Augen, die ihn liebevoll anblickten. Die ebenfalls goldfarbenen Haare umrahmten das
Gesicht des Fremden und reichten ihm bis zu den Schultern. Des Fremden, war er denn fremd? Er kam ihn so bekannt vor.
Große schwarze Flügel schlossen sich um ihn und zogen ihn an den Körper des anderen. Ein erleichtertes Seufzen löste sich von
Seags Lippen, als er die Wärme dieses fremden Wesens spürte.
"Keine Angst Seag. Ich bin ja da. Ich werde dich beschützen."
"Kigai ..." Mehr brachte Seag nicht mehr über die Lippen, denn er glitt in einen Traumlosen Schlaf.
Der schwarz Geflügelte zog ihn noch näher an sich und verbarg ihn vor den Blicken der Anwesenden. Seine goldfarbenen Augen
wurden von Kälte versiegelt, als er aufblickte. "Musstet ihr ihn denn so erschrecken? Er ist sehr empfindsam. Und weder der
Biss eines Vampirs, noch die freudige Attacke eines Wehrwolfes trägt dazu bei ihn zu besänftigen." Sein Blick war strafend,
als er die beiden ansah. "Nimm endlich diese verdammte Sonnenbrille ab Antin und du Sai verwandelst dich in einen Menschen.
Ich will weder mit schwarzen Gläsern, noch in Gedankensprache sprechen."
Antin folgte dem Befehl und nahm die Sonnenbrille ab. Die feuerroten Augen bildeten einen starken Kontrast zu den schwarzen,
eher kurz geschnittenen Haaren. Sais Gestalt verformte sich und auf dem Bett saß nach wenigen Augenblicken ein bondhaariger
Mensch, mit braunen Augen. Er war wie Antin schwarz gekleidet, doch trug er nur eine schwarze Stoffhose, welche die Bräune
seines Körpers hervorhob.
"Gut. Jetzt wo ihr ansprechbar seid möchte ich wissen was in euch gefahren ist."
"Hey zuerst solltest du uns mal einige Fragen beantworten meinst du nicht? Wie kommt es, dass du dich Jahre lang nicht
blicken lässt und dann auch noch Menschen eliminierst."
Kigai setzte sich bequemer hin und zog Seag auf seinen Schoß. Der Kopf des Jungen ruhte an seiner Brust und die schwarzen
Flügel verdeckten seinen Körper zur Gänze. "Ich habe das getan, was meine Aufgabe ist." Er blickte zu den anderen Wehrwölfen.
"Ihr könnte wieder ruhen. Es ist alles in Ordnung."
Synchron senkten sich die Köpfe wieder und die schwarzen Augen der Tiere schlossen sich.
"Das ist keine Antwort, die mich zufrieden stellt." Antin war an das Bett herangetreten und setzte sich nun.
Sai lies sich in einem Schneidersitz nieder und die zarten Hände ruhten auf den abgewinkelten Knien. "Ganz genau. Ich muss
Antin einmal Recht geben. Es ist nicht deine Aufgabe andere zu töten oder fern zu bleiben, wenn wir dich bräuchten."
"Brauchen? Wozu denn bitte schön? Dafür, dass ihr euch beide nicht in die Haare bekommt?" Kigai schüttelte den Kopf. "Nein.
Meine Aufgabe ist es den Kleinen hier zu beschützen und das habe ich getan."
"Deswegen hast du seine Eltern getötet?" Kigais Miene verfinsterte sich zunehmend.
"Sie haben ihn verletzt."
"Eltern verletzen ihre Kinder und Kinder ihre Eltern. Aber meist tut es ihnen sofort wieder leid."
"Nein." Kigais Stimme war schneidend wie Stahl. "Die beiden waren nicht würdig weiter zu leben. Die Mutter hat ihn mit ihrer
Hurerei fast zerbrochen und der Vater hat das Vertrauen, das Seag in ihn gesetzt hat enttäuscht. Nicht einmal, nicht zweimal.
Nein unzählige Male und das mit Absicht. Ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass sie ihn zerbrechen. Er ist so verletzlich."
Sanft strich er dem Jungen an seiner Brust ein paar Strähnen aus dem Gesicht.
"Trotzdem hast du kein Recht einfach Menschen zu töten."
"Es sind nur Menschen. Wollt ihr ihn verlieren, weil seine Eltern Dinge tun, die sie gar nicht zu tun brauchen? Sie sind
reich genug um ihm alles bieten zu können, aber er hatte nichts. Ich habe ihnen die Strafe zu teil werden lasen, die sie
verdienen."
"Seit wann darfst du Richter spielen?" Sai blickte ihn aus funkelnden braunen Augen an.
"Ich habe die Erlaubnis alles zu tun, wenn es dem Schutz des Kindes dient und das habe ich getan."
"Aber Tod war nur in den seltensten und rabiatesten Fällen mit eingeschlossen."
"Dieser Fall war sehr rabiat."
"Nein war er nicht. Du hättest sie nicht töten müssen. Es gab andere Wege die eingeschlagen werden konnten."
"Warum verurteilst du mich Antin? Weil ich den Kleinen gerettet habe, weil ich die beiden umgebracht habe, oder weil er mir
vertraut und dir nicht?"
Antin fauchte und seine feuerroten Augen funkelten zornig. "Wer glaubst du eigentlich, dass du bist?"
"Ich bin Seags Engel und das werde ich auch bleiben."
"Wenn du nicht vorher stirbst!" Antins Stimme war laut geworden und Seag bewegte sich unruhig in Kigais Armen.
"Sei doch still verdammt noch mal oder willst du ihn aufwecken um wieder sein Blut zu trinken?"
Sai schnappte nach Luft. "Du hast was getan? Bist du wahnsinnig geworden?"
Antin starrte trotzig vor sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich wusste nicht, wie ich ihn sonst hier her
bringen sollte."
"Aber doch nicht so. Weißt du was du alles anrichten hättest können?"
"Gar nichts habe ich angerichtet und gleichzeitig habe ich überprüft, ob er wirklich derjenige ist, der er ist."
"Derjenige der er ist. Hast du noch alle Tassen im Schrank. Schon allein diese Augen müssten es dir gesagt haben. Solche
Augen hat nur er."
Eni unwilliges Murren war von Seag zu hören, als er sich näher an Kigai schmiegte. Dieser drückte ihn fester an seinen
warmen Körper. "Hört endlich auf euch anzubrüllen. Sai, Antin. Ich will nicht, dass er das nächste Mal Angst hat wenn er
erwacht. Mich kennt er. Ich werde hier bleiben. Aber ihr beiden werdet euch vorerst nicht zeigen. Ihr verwirrt ihn nur noch
mehr."
Nun sah auch Sai ihn finster an. "Ich denke ja gar nicht daran von ihm zu weichen."
"Ich will es aber so. Und wenn ihr nicht freiwillig tut was das beste für ihn ist, dann werde ich euch dazu zwingen." Eine
plötzliche Berührung von kalten Fingern, die ein Muster, durch das Hemd auf seine Brust zeichnete, unterbrach seine Worte.
"Was?" Erschrocken blickte er in eisblaue Augen.
Sie spiegelten den reinen Schnee eines unbetreten Gipfels wieder, die klaren Tiefen eines unbekannten Meeres, die luftigen
Höhen, die nur die hoch fliegenden Vögel jemals zu würdigen gewusst hatten.
"Wieso?"
Der Finger bedeckte seine Lippen und brachte den Engel zum Schweigen. "Du bist wie die Sonne." Kigai schreckte unwillkürlich
vor der klaren Stimme zurück, die mit ihm sprach. Es war immer noch Seags Stimme, doch war sie so voller Frieden und
Verständnis. Seag richtete sich auf und strich dem verwirrten Engel eine Strähne aus dem Gesicht. Dann wand er sich zu dem
Vampir und dem Wehrwolf zu. "Ich sollte euch kennen, das glaube ich zumindest, doch kann ich mich nicht erinnern euch jemals
gesehen zuhaben."
Sai blickte auf die Bettdecke und wagte es nicht in Seags Augen zu sehen. Kigais Reaktion sagte alles. Dass es so weit
gekommen war, war sicher ganz alleine Antins Schuld.
Dieser fauchte bei Sais Gedanken. "Ich bin nicht schuld."
"Doch. Du hast ihn gebissen."
"Papperlapapp. Das kommt nicht von meinen Biss."
Seag kicherte vergnügt. "Das ist einfach her ..." Der Satz wurde nicht beendet, da sich Seags Augen trübten und er in Kigais
Armen friedlich einschlummerte.
"Was ... was war denn dass jetzt?" Verdutzt sahen die Drei Seag an.
"Kann ja nicht sein. Der ist doch echt eingepennt." Der Vampir war total perplex.
Verwirrt runzelte er die Stirn und setzte sich langsam auf. Die Wände waren ebenfalls mit diesem schwarzen Stoff verhangen
und Fenster konnte er nicht sehen. Vielleicht waren sie hinter dem Stoff verborgen. Das Bett in dem er lag schien auf einem
Sockel zu stehen. Zumindest kam es ihm so vor. Sehen konnte er es nicht, da er genau in der Mitte des Bettes lag und so den
Rand nicht überblicken konnte. Im Raum war es dunkel und obwohl keine einzige Lichtquelle zu sehen war, konnte er alles mit
solch einer Schärfe betrachten, dass es schon eigenartig war. Das Bett in dem er lag, wurde von Säulen umrundet, vor denen
eigenartige Figuren standen. Als er sie genauer betrachtete, schreckte er zurück. Das konnte doch nicht wirklich sein. Sie
sahen aus wie riesige Wölfe, die auf ihren Sockeln ruhten und zu schlafen schienen, doch das war es nicht, dass ihn so sehr
erschreckt hatte. Diese Figuren schienen zu leben. Das war doch ganz unmöglich. Die zwei Dutzend Figuren lagen in fast
synchroner Stellung da, doch jedes mal wenn er eine der Figuren genauer betrachtet, sah er wie sich der Brustkorb hob und
senkte. Seag schluckte schwer und riss seinen Blick von den Säulen und den Statuen davor los. Es waren ganz bestimmt Statuen,
etwas anderes konnte es nicht geben. Ein riesiger schwarzer Marmortisch stand an der rechten Wand und sah aus, als wäre er
schon sehr alt. Seag konnte nicht sagen warum er das glaubte. Weder Spuren von Abgenutztheit, noch eine Staubschicht oder
sondergleichen zeigte, dass er benutzt wurde, oder eben nicht benutzt. Aber es war wie ein Wissen, dass in seinem Kopf
verankert war. Der Sessel aus schwarzem Ebenholz stand pingelig genau halb unter den Tisch geschoben und halb davor. Gott,
diese Einzelheiten brachten ihn noch um. Er konnte sogar die schwarze Rosenverzierung sehen, was doch eigentlich unmöglich
war. Bei dem Licht und der Tatsache, dass sie sich kaum von dem Holz unterschied. Sein Blick glitt weiter und stoppte bei
einer Anzahl von kleinen, ebenfalls schwarzen Marmorsäulen, die wie eine Allee wirkten und zu einem riesigen Loch in der
Wand führten. Dieses Loch war ihm gar nicht aufgefallen, aber es interessierte ihn auch nicht sonderlich, wo es hinführte.
Sein Blick glitt weiter durch den Raum und blieb an einem riesigen Bild hängen, das in der Luft zu schweben schien. Ein
junger Mann war darauf zu erkennen. Das lange schwarze Haar reichte ihm bis zur Hüfte und die eisblauen Augen blitzten, was
bei einem Gemälde doch eigentlich unmöglich war oder? Er wollte dieses Bild jetzt nicht ansehen. Dieser Raum lies das mulmige
Gefühl wieder entstehen, das sich in seinem Bauch breit machte. Beiläufig registrierte er, dass die Decke aus hellblauer
Seide bestand und hielt inne. Dieses hellblau stand in einem starken Kontrast zu der sonstigen Einrichtung und war der
einzige Farbklecks in dem Raum. Bis auf das Gemälde. Wieder huschte sein Blick zu dem Bildnis und die Augen schienen ihm zu
folgen. Jeder seiner Bewegungen. Seag du bist echt paranoid. Das kann doch nicht wahr sein. Du hast einfach zu viel Alkohol
getrunken, das ist alles und jetzt hast du einen Traum. Doch dieser Beschwichtigungsversuch hatte einen großen Fehler. Seag
trank niemals Alkohol. Seit er einmal nach einem Übermaß von Alkohol davon geträumt hatte, dass ein schwarz geschwingtes
Wesen seinen Eltern das Herz herausgerissen hatte, hatte Seag es vermieden wieder etwas zu trinken. Nun schlug er entschlossen
die Bettdecke zur Seite und versuchte aus dem Bett zu krabbeln, als sich eine der Figuren bewegte und auf ihn zusprang. Wie
versteinert starrte Seag die Statue an und musste feststellen, dass es wirklich ein übergroßer Wolf war. Er konnte nicht
einmal daran denken, dass er jetzt sterben würde, als der schwere Körper des Wesens ihn auch schon auf die Matratze drückte.
Mit einem Schrei schloss Seag die Augen und erwartet den tödlichen Biss in die Kehle, doch was er stattdessen Spürte hätte
ihn fast abermals aufschreien lassen. Etwas nasses glitt über sein Gesicht und heißer Atem schlug ihm entgegen. Als er die
Augen öffnete konnte er die rosige Zunge des Ungetüms erkennen, die über sein Gesicht führ, als wäre er ein saftiger Knochen.
Immer noch starr vor Schreck, konnte er das Tier nur aus entsetzte geweiteten Augen anstarren.
"Sai musst du ihn denn so erschrecken?"
Die rosige Zunge verschwand wieder in dem erschreckend großen Maul des Tieres. Der Kopf des Wesens wand sich von Seag ab und
als dieser dem Blick des Tieres folgte, konnte er den Fremden sehen, der ihn entführt hatte.
"Sai runter von ihm, du bringst ihn mit deinen Tonnen ja noch um."
Das Tier rührte sich nicht von der Stelle und focht ein Blickduell mit dem Anderen aus. Zumindest sah es für Seag so aus,
denn ob der Fremde ihn überhaupt ansah oder nicht, das konnte man nicht festatellen, da seine Augen immer noch von einer
schwarzen Sonnebrille verdeckt wurden.
Erst nach einigen Minuten trat das Tier den Rückzug an und lies von Seag ab. Es entfernte sich aber nicht weit von diesem,
sondern blieb ab Bettrand sitzen und betrachtete Seag.
Dieser rappelte sich auf und rutschte von dem Tier und gleichermaßen von dem Fremden weg. Sein Blick huschte zwischen den
beiden hin und her.
~Er scheint Angst zu haben. Hast du ihn nicht auf das hier vorbereitet?~
~Habe ich ihn überfallen oder du? Ich bin schließlich nicht zu ihm ins Bett gesprungen und habe ihn abgeleckt.~
~Hättest du aber gern getan nicht war Antin?~
Der Fremde sagte nichts mehr, sondern ging auf das Bett zu.
"Hey halt. Bleib gefälligst wo du bist."
Antin blieb tatsächlich stehen und musterte den Jungen im Schutz der Sonnenbrille.
"Ich will wissen was hier vor sich geht." Seag war beunruhig von den Worten, welche die beiden gesprochen hatten ohne die
Lippen zu bewegen.
"Was soll hier vorgehen Seag? Wir haben dich nach Hause geholt."
"Nach Hause?" Seag sah sich demonstrativ um. "Das sieht aber nicht unbedingt nach meiner Wohnung aus. Ziemlich groß für die
billige Miete und außerdem wäre mir Marmor viel zu pompös."
Ein leichtes Lächeln überzog Antins Lippen. "Dein freches Mundwerk ist dir nicht abhanden gekommen."
"Warum sollte es auch."
Antin kam wieder auf ihn zu.
"Ich sagte, du sollst stehen bleiben." Seag verkroch sich noch mehr in den Kissen.
~Na wer macht ihm denn jetzt Angst?~
~Halt die Klappe Sai.~
"Hört auf!" Seag schlug sich die Hände auf die Ohren. "Verschwindet beide!"
Die Köpfe der anderen Wesen flogen hoch und blickten Seag an. In ihren Blicken stand Verwirrung.
Seag schien das gar nicht mitzubekommen. Er hatte die Augen zusammengepresst und versuchte nichts mehr zu hören. Als er
einige Zeit lang wirklich nichts hörte, öffnete er langsam die Augen. Die Szene schien wie erstarrt.
Antin hatte mitten im Schritt inne gehalten. Die Wesen auf ihren Sockeln waren erstarrt und Sai blickten ihn aus starren
Augen an. Erst als eine zarte Hand seine Wange berührte, bemerkte er die Anwesenheit einer weiteren Person. Langsam wand er
den Kopf und blickte in goldfarbene Augen, die ihn liebevoll anblickten. Die ebenfalls goldfarbenen Haare umrahmten das
Gesicht des Fremden und reichten ihm bis zu den Schultern. Des Fremden, war er denn fremd? Er kam ihn so bekannt vor.
Große schwarze Flügel schlossen sich um ihn und zogen ihn an den Körper des anderen. Ein erleichtertes Seufzen löste sich von
Seags Lippen, als er die Wärme dieses fremden Wesens spürte.
"Keine Angst Seag. Ich bin ja da. Ich werde dich beschützen."
"Kigai ..." Mehr brachte Seag nicht mehr über die Lippen, denn er glitt in einen Traumlosen Schlaf.
Der schwarz Geflügelte zog ihn noch näher an sich und verbarg ihn vor den Blicken der Anwesenden. Seine goldfarbenen Augen
wurden von Kälte versiegelt, als er aufblickte. "Musstet ihr ihn denn so erschrecken? Er ist sehr empfindsam. Und weder der
Biss eines Vampirs, noch die freudige Attacke eines Wehrwolfes trägt dazu bei ihn zu besänftigen." Sein Blick war strafend,
als er die beiden ansah. "Nimm endlich diese verdammte Sonnenbrille ab Antin und du Sai verwandelst dich in einen Menschen.
Ich will weder mit schwarzen Gläsern, noch in Gedankensprache sprechen."
Antin folgte dem Befehl und nahm die Sonnenbrille ab. Die feuerroten Augen bildeten einen starken Kontrast zu den schwarzen,
eher kurz geschnittenen Haaren. Sais Gestalt verformte sich und auf dem Bett saß nach wenigen Augenblicken ein bondhaariger
Mensch, mit braunen Augen. Er war wie Antin schwarz gekleidet, doch trug er nur eine schwarze Stoffhose, welche die Bräune
seines Körpers hervorhob.
"Gut. Jetzt wo ihr ansprechbar seid möchte ich wissen was in euch gefahren ist."
"Hey zuerst solltest du uns mal einige Fragen beantworten meinst du nicht? Wie kommt es, dass du dich Jahre lang nicht
blicken lässt und dann auch noch Menschen eliminierst."
Kigai setzte sich bequemer hin und zog Seag auf seinen Schoß. Der Kopf des Jungen ruhte an seiner Brust und die schwarzen
Flügel verdeckten seinen Körper zur Gänze. "Ich habe das getan, was meine Aufgabe ist." Er blickte zu den anderen Wehrwölfen.
"Ihr könnte wieder ruhen. Es ist alles in Ordnung."
Synchron senkten sich die Köpfe wieder und die schwarzen Augen der Tiere schlossen sich.
"Das ist keine Antwort, die mich zufrieden stellt." Antin war an das Bett herangetreten und setzte sich nun.
Sai lies sich in einem Schneidersitz nieder und die zarten Hände ruhten auf den abgewinkelten Knien. "Ganz genau. Ich muss
Antin einmal Recht geben. Es ist nicht deine Aufgabe andere zu töten oder fern zu bleiben, wenn wir dich bräuchten."
"Brauchen? Wozu denn bitte schön? Dafür, dass ihr euch beide nicht in die Haare bekommt?" Kigai schüttelte den Kopf. "Nein.
Meine Aufgabe ist es den Kleinen hier zu beschützen und das habe ich getan."
"Deswegen hast du seine Eltern getötet?" Kigais Miene verfinsterte sich zunehmend.
"Sie haben ihn verletzt."
"Eltern verletzen ihre Kinder und Kinder ihre Eltern. Aber meist tut es ihnen sofort wieder leid."
"Nein." Kigais Stimme war schneidend wie Stahl. "Die beiden waren nicht würdig weiter zu leben. Die Mutter hat ihn mit ihrer
Hurerei fast zerbrochen und der Vater hat das Vertrauen, das Seag in ihn gesetzt hat enttäuscht. Nicht einmal, nicht zweimal.
Nein unzählige Male und das mit Absicht. Ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass sie ihn zerbrechen. Er ist so verletzlich."
Sanft strich er dem Jungen an seiner Brust ein paar Strähnen aus dem Gesicht.
"Trotzdem hast du kein Recht einfach Menschen zu töten."
"Es sind nur Menschen. Wollt ihr ihn verlieren, weil seine Eltern Dinge tun, die sie gar nicht zu tun brauchen? Sie sind
reich genug um ihm alles bieten zu können, aber er hatte nichts. Ich habe ihnen die Strafe zu teil werden lasen, die sie
verdienen."
"Seit wann darfst du Richter spielen?" Sai blickte ihn aus funkelnden braunen Augen an.
"Ich habe die Erlaubnis alles zu tun, wenn es dem Schutz des Kindes dient und das habe ich getan."
"Aber Tod war nur in den seltensten und rabiatesten Fällen mit eingeschlossen."
"Dieser Fall war sehr rabiat."
"Nein war er nicht. Du hättest sie nicht töten müssen. Es gab andere Wege die eingeschlagen werden konnten."
"Warum verurteilst du mich Antin? Weil ich den Kleinen gerettet habe, weil ich die beiden umgebracht habe, oder weil er mir
vertraut und dir nicht?"
Antin fauchte und seine feuerroten Augen funkelten zornig. "Wer glaubst du eigentlich, dass du bist?"
"Ich bin Seags Engel und das werde ich auch bleiben."
"Wenn du nicht vorher stirbst!" Antins Stimme war laut geworden und Seag bewegte sich unruhig in Kigais Armen.
"Sei doch still verdammt noch mal oder willst du ihn aufwecken um wieder sein Blut zu trinken?"
Sai schnappte nach Luft. "Du hast was getan? Bist du wahnsinnig geworden?"
Antin starrte trotzig vor sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich wusste nicht, wie ich ihn sonst hier her
bringen sollte."
"Aber doch nicht so. Weißt du was du alles anrichten hättest können?"
"Gar nichts habe ich angerichtet und gleichzeitig habe ich überprüft, ob er wirklich derjenige ist, der er ist."
"Derjenige der er ist. Hast du noch alle Tassen im Schrank. Schon allein diese Augen müssten es dir gesagt haben. Solche
Augen hat nur er."
Eni unwilliges Murren war von Seag zu hören, als er sich näher an Kigai schmiegte. Dieser drückte ihn fester an seinen
warmen Körper. "Hört endlich auf euch anzubrüllen. Sai, Antin. Ich will nicht, dass er das nächste Mal Angst hat wenn er
erwacht. Mich kennt er. Ich werde hier bleiben. Aber ihr beiden werdet euch vorerst nicht zeigen. Ihr verwirrt ihn nur noch
mehr."
Nun sah auch Sai ihn finster an. "Ich denke ja gar nicht daran von ihm zu weichen."
"Ich will es aber so. Und wenn ihr nicht freiwillig tut was das beste für ihn ist, dann werde ich euch dazu zwingen." Eine
plötzliche Berührung von kalten Fingern, die ein Muster, durch das Hemd auf seine Brust zeichnete, unterbrach seine Worte.
"Was?" Erschrocken blickte er in eisblaue Augen.
Sie spiegelten den reinen Schnee eines unbetreten Gipfels wieder, die klaren Tiefen eines unbekannten Meeres, die luftigen
Höhen, die nur die hoch fliegenden Vögel jemals zu würdigen gewusst hatten.
"Wieso?"
Der Finger bedeckte seine Lippen und brachte den Engel zum Schweigen. "Du bist wie die Sonne." Kigai schreckte unwillkürlich
vor der klaren Stimme zurück, die mit ihm sprach. Es war immer noch Seags Stimme, doch war sie so voller Frieden und
Verständnis. Seag richtete sich auf und strich dem verwirrten Engel eine Strähne aus dem Gesicht. Dann wand er sich zu dem
Vampir und dem Wehrwolf zu. "Ich sollte euch kennen, das glaube ich zumindest, doch kann ich mich nicht erinnern euch jemals
gesehen zuhaben."
Sai blickte auf die Bettdecke und wagte es nicht in Seags Augen zu sehen. Kigais Reaktion sagte alles. Dass es so weit
gekommen war, war sicher ganz alleine Antins Schuld.
Dieser fauchte bei Sais Gedanken. "Ich bin nicht schuld."
"Doch. Du hast ihn gebissen."
"Papperlapapp. Das kommt nicht von meinen Biss."
Seag kicherte vergnügt. "Das ist einfach her ..." Der Satz wurde nicht beendet, da sich Seags Augen trübten und er in Kigais
Armen friedlich einschlummerte.
"Was ... was war denn dass jetzt?" Verdutzt sahen die Drei Seag an.
"Kann ja nicht sein. Der ist doch echt eingepennt." Der Vampir war total perplex.