Weiss Kreuz Fan Fiction ❯ Todfeind ❯ Chapter 01 ( Chapter 1 )

[ A - All Readers ]
Date of begin: 18.08.02
Date of end: 27.12.02


Todfeind


Autor: Cigamina

Fandom: Weiß Kreuz

Teil: 1/?

Pairings: Wird man sehen ^-^

Warnungen: lemon, dark, spoiler auf den Anime ab Folge 6

Rating: NC-17

Disclaimer: Die Jungs von Schwarz und Weiß gehören nicht mir, aber die Besitzer sind nicht da und deshalb passe ich solange auf sie auf! Die Besitzer kriegen sie auch ganz heil zurück, na ja, jedenfalls werden sie nicht tot sein, weil ich nicht gerne death-Fics schreibe! Vielleicht ein bisschen demoliert, aber das macht ja nichts! ^-^ Außerdem werde ich die armen Bishonen auch nicht verkaufen, ich mache kein Geld damit. Ich bin doch kein Menschenhändler! (Ich bin vielleicht bescheuert, dass ich so einen Disclaimer schreibe… ich glaube, ich lese zu viel und schlafe zu wenig…)

Widmungen: DANKE!! an Kocorona fürs Beta – lesen!!

Anmerkungen: Das ist meine erste Fanfic, die ich aus der Ich-Perspektive und in der Vergangenheit schreibe. Ich habe keine Ahnung, wie lang das hier wird, oder wie lange ich diesen Stil beibehalten kann. Ich hoffe nur, dass ich diese Story fertig kriege, bevor ich daran scheitere. Wünscht mir Glück!

Lieder, die ich zu dieser Story gehört habe, als ich sie geschrieben habe:
Alicia Keys – Fallin’
Bomfunk Mc’s – Live your live
Backstreet Boys – Larger than life
Rammstein – Engel
DJ S.P.U.D. – Set it off

Feedback an: Cigamina@aol.com

/normale Schrift/ = Gedanken

*normale Schrift* = Telepathie


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Part 1:

So ein Mist!

Jetzt hatte es auch noch angefangen zu regen. Auch das noch! Dabei sollte laut Wetterbericht doch die Sonne scheinen…

Gerade jetzt hätte ich vielleicht ein bisschen Sonnenschein gebraucht, der mich hätte aufmuntern können.

Ich mag die Sonne, sie ist warm. Wenigstens etwas in meinem Leben, das warm ist…

Gerade hatte ich wieder meine Schwester im Krankenhaus besucht.

Ich habe wie immer nur neben ihrem Bett gesessen und sie angeschaut.

Dabei habe ich nachgedacht. Darüber nachgedacht, warum sie da liegen muss, warum sie im Koma liegt und ich ihr Lächeln nicht mehr sehen kann. Nie mehr.

Nur er ist daran schuld. Allein er. Und ich, weil ich nicht besser aus sie aufgepasst habe. Ich konnte sie nicht beschützen, aber er hat ihr das angetan.

Er. Takatori.

Er hat sie überfahren.

Es war kein Unfall gewesen, ich habe den Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen. Er hat gelacht. Er hat mich und Aya ausgelacht. Er wollte sie überfahren, genauso wie er vorher meine Eltern und mich hatte umbringen wollen.

Er hat meine ganze, bis zu diesem Zeitpunkt glückliche Familie zerstört. Und das kann und werde ich ihm nie verzeihen.

Deshalb will ich ihn töten. Den Menschen töten, der der Grund dafür ist, dass ich jetzt bei Weiß bin. Um mich an ihm zu rächen, meine Familie zu rächen.

Ich ging weiter durch den strömenden Regen, mit all diesen Gedanken im Kopf. Ich hatte nicht einmal eine Jacke an, als ich von zu Hause losgegangen war, hatte die Sonne noch geschienen.

Zu Hause…

Weiß war jetzt mein Zuhause, dort gehörte ich hin. Ich hatte nichts anderes mehr.

Nur meine Schwester, die im Koma lag. Selbst die Ärzte hatten sie schon längst aufgegeben, doch irgendwo in mir drin hoffte ich sehnsüchtig darauf, dass sie wieder aufwachen würde. Denn ich lebte für Aya. Nur für sie.

Und für die Rache.

Ich wollte nicht eher ruhen, bis ich alles das getan hatte, was ich meiner Schwester versprochen hatte. Sie rächen, unsere Eltern rächen, und dass ich ihr Leben weiterführe, bis sie wieder aufwacht.

Sie war so ein liebes Mädchen, sie darf nicht so einfach von dieser Welt verschwinden. Das wollte ich nicht zulassen.

Mittlerweile war ich schon ganz durchnässt, als endlich der Blumenladen in Sicht kam.

Koneko sumu ie.

Kätzchen im Haus.

Was für eine Ironie. Als ob wir irgendwelche Kätzchen wären. Nein, so ungefährlich sind wir nicht, ist Weiß nicht, dass man uns als Kätzchen bezeichnen könnte.

Ich bog in den Laden ein und war erleichtert, dass nicht so viele Mädchen wie sonst im Laden herumhingen. Lag wahrscheinlich am Regen…

Die Anderen waren alle im Laden. Omi schnitt an irgendeinem Rosenbusch herum, Youji sprach angeregt mit irgendeiner Frau, was für ein Wunder, und Ken stand hinter der Kasse. Die alte Frau, der der Laden gehörte, saß nicht wie gewöhnlich auf ihrem Stuhl, sie war wohl nicht da.

Das Klingeln der Glocken an der Tür erweckte offensichtlich Omis Aufmerksamkeit und er sah freundlich lächelnd zu mir auf.

„Herzlich will… Aya-kun!“

Die anderen sahen jetzt auch auf und Youji sah mich ein bisschen ärgerlich an.

„Wo warst du denn mitten in der Arbeitszeit?“

Pfft, als ob er darauf eine Antwort bekommen würde. Außerdem war ich garantiert öfter im Laden anwesend als er, da konnte ich ja wohl schon mal zwei Stunden von hier verschwinden, oder?

Ich ignorierte Youji einfach und wandte mich dann Omi zu, der mich irgendwie sorgenvoll ansah. Als er allerdings meinem Blick begegnete, sah er schnell zu Boden.

Ken sah mich nur wie meistens an, aus den Augenwinkeln. Anscheinend wusste er nicht, dass ich mir seinen Blicken bewusst war, aber es war schon fast wieder auffällig.

Ich ging an ihnen vorbei und stieg die Treppen nach oben. Mittlerweile war mir ziemlich kalt und ich zitterte. Blöder Regen.

Ich ging geradewegs ins Bad, wo ich meine nassen, schweren Klamotten abstreifte und die Dusche andrehte, auf eine heiße Temperatur einstellte und mich dann von dem Wasser wärmen ließ.

Ich wusste genau, was Omi eben gedacht hatte. Er wusste genau, wo ich gewesen war. Er wusste von meiner Schwester, weil er mir einmal ins Krankenhaus gefolgt war.

Und ich weiß auch, warum er weggesehen hatte.

Er hatte es immernoch nicht richtig überwunden, dass er der Sohn von Reiji Takatori war, unserem Feind. Er war der Sohn von dem Mann, den ich am meisten auf der ganzen Welt hasste.

Deshalb konnte er mir nicht in die Augen sehen. Er dachte wohl immernoch, dass ich ihn ebenfalls hassen würde, aber das stimmte nicht. Er war kein Takatori, für mich nicht. Jedenfalls jetzt nicht mehr. Er hatte seine Loyalität zu Weiß bewiesen, indem er seinen eigenen Bruder getötet hatte. Mir war klar geworden, dass er anders war als seine Brüder und sein Vater. Nein, er war nicht Mamoru Takatori, er war Omi Tsukiyono. Und er gehörte zu Weiß, wie Youji und Ken und ich auch.

Ich musste noch einmal mit ihm sprechen und ihm das ein für alle Mal klar machen, es war bestimmt nicht so gut, wenn Omi der Überzeugung war, ich würde ihn hassen.

Denn damit lag er falsch. Ich hasste ihn nicht, nein. Ich mochte ihn, auch Ken und auch Youji. Wir waren eine Gruppe und konnten einander vertrauen, das wusste ich.

Doch ich tat es nicht.

In den Missionen, ja, dann sogar blind, wenn es nötig war, aber so? Nein, keiner von ihnen wusste mehr über mich als der andere. Oft hatten sie mir gesagt, dass ich mit jedem von ihnen reden könnte, wenn ich Probleme hätte, aber ich hatte das noch nie getan. Ich hatte mich keinem von ihnen geöffnet.

Und keiner von ihnen kannte mich richtig.

Und… ich kannte keinen von ihnen richtig. Kannte ihre Vergangenheiten nicht, jedenfalls nicht im Detail. Wusste nicht, was oder wie sie vor Weiß gewesen waren, wer sie vor Weiß gewesen waren.

Ich hatte mich jetzt lange genug wieder aufgewärmt und stellte das Wasser wieder aus. Ich schnappte mir mein Handtuch und trocknete mich damit ab, bevor ich es mir um die Hüfte schlang und das Bad verließ.

Mein Zimmer war nicht weit vom Bad entfernt, ich musste nur über den Flur gehen.

In meinem Zimmer war es dunkel, wie immer. Die Vorhänge hatte ich zugezogen, bevor ich gegangen war.

In meinem Zimmer mochte ich es dunkel, hier konnte ich immer nachdenken und die kalte Fassade, die mich immer umgab, wenigstens ein bisschen fallen lassen. Es war gut zu wissen, dass es einen Ort gibt, an den man sich ungestört zurückziehen konnte und an dem man seine Ruhe hatte.

Mein Zimmer war für mich dieser Ort, denn die anderen betraten ihn nicht, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Ich mochte es auch nicht, wenn mich hier jemand störte. Ich hatte immer meine Gründe, warum ich allein sein wollte, und zum Glück respektierten die anderen das.

Ich ging zu meinem Schrank hinüber und zog mir trockene Sachen an. Dann hängte ich mein Handtuch zum Trocknen auf und verließ mein Zimmer wieder, um in den Laden zu gehen.

Unten waren jetzt wieder mehr Leute, es hatte aufgehört zu regnen. Es war wohl nur ein kurzer, kräftiger Schauer gewesen. Doch die Sonne schien trotzdem nicht.

Ich sah mich kurz um, suchte eine Beschäftigung, und wandte mich schließlich den Aufträgen zu, die heute schon aufgegeben worden waren. Nur einige Kränze und ein paar Sträuße. Nichts schwieriges also.

Ich suchte mir die Blumen zusammen, die ich brachte, und setzte mich dann auf eine Bank, wo ich mich ungestört ausbreiten konnte.

Ich begann mit den Kränzen, die waren zeitaufwendiger. Ich begann die Blumen zusammenzubinden, sie ineinander zu flechten und schließlich noch ein bisschen Dekoration miteinzuarbeiten.

„Du… du kannst das… echt gut…“

Ich hatte Omi gar nicht kommen hören, ich war zu sehr in meine Arbeit vertieft. Die Stimme kam von irgendwo hinter mir, Omi schaute mir wohl über die Schulter. Ich konnte seine Wärme spüren und gleichzeitig seinen Atem hören.

Mir war auch die Unsicherheit in seiner Stimme nicht entgangen, er schien wirklich ziemlich mit seiner Vergangenheit zu kämpfen.

Normalerweise würde ich auf so einen Kommentar gar nicht erst reagieren, vor allem, weil sie meistens von Youji kamen, nur um mich zu ärgern. Mit so einer viel zu freundlichen, zuckersüßen, provozierenden Stimme, mit der er versuchte, mich wütend zu machen. Er versuchte mich aus meiner Reserve zu locken, doch es gelang ihm nicht, diesen Triumph gönnte ich ihm nicht.

Aber Youji ärgerte sowieso alle, also war es okay so. Es war zwar nervtötend, doch es lockerte den blöden Alltag manchmal ein wenig auf.

Doch jetzt, wo Omi das sagte… Versuchte er so vielleicht ein wenig auszutesten, wie ich mich ihm gegenüber verhielt? Dann musste ich reagieren, ich konnte ihn nicht in dem Glauben lassen, ich würde ihn hassen, nur weil er die Falschen Eltern gehabt hatte.

Ich drehte mich halb um und sah zu dem Blondschopf hoch.

„Arigatou, Omi.“

Ich betonte seinen Namen ziemlich deutlich und hoffte, dass Omi den Klang in meiner Stimme und den Ausdruck in meinen Augen verstanden hatte.

Ich war nicht so gut mit Worten, ich war es einfach nicht mehr gewöhnt, lange und viel zu reden.

Doch nun bestätigte mir Omis Gesichtsausdruck, dass er mich sehr wohl verstanden hatte. Seine Augen wurden um ein vielfaches fröhlicher als bis gerade eben noch, und sein Lächeln wurde herzlicher. Omi war immer so freundlich zu allen, doch er war lange nicht immer glücklich.

Manchmal sahen seine Augen so unheimlich traurig aus, dass ich nicht glauben konnte, dass die anderen das nicht auch bemerkten.

Ich wandte mich wieder dem Kranz zu und hatte ihn schon kurz darauf fertig. Ich stand auf, um ihn in unser Lager zu bringen und dort bis morgen stehen zu lassen, bis diejenige, die den Kranz bestellt hatte, morgen vorbeikommen würde, um ihn abzuholen.

Ich hatte den Kranz kaum auf dem Boden abgestellt, als ich hinter mir Fußschritte hörte. Ich drehte mich um und erblickte Omi, der gerade die Tür zum Laden schloss und sich dann mir zuwandte. Diesmal waren seine Augen fest auf meine gerichtet.

„Habe… habe ich das eben… richtig verstanden? Du… du hasst mich… nicht?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Iie. Du hast dich für uns und gegen deine Familie entschieden. Das ist Grund genug.“

Ich konnte sehen, dass in seinen Augen die Tränen aufstiegen. Er wischte sich ein wenig verlegen über die Augen und brachte dann ein Lächeln zu Stande.

„Arigatou, Aya-kun…“

Ich nickte ihm nur kurz zu und ging dann an ihm vorbei zurück in den Laden. Hoffentlich war diese Sache jetzt ein für alle Mal geklärt…

Ich setzte mich zurück an die Aufträge, band noch ein paar weitere Kränze und stellte Sträuße zusammen. Dabei war ich völlig in meine Arbeit versunken.

Ich mochte den Geruch von Blumen schon immer, besonders den von ganz vielen Blumen auf einmal. Deshalb war ich gerne hier unten, hier roch es jeden Tag nach neuen, frischen Blumen. Und jedes Mal war es wieder anders. Jedes Mal roch es ein wenig anders.

Als ich mit allem fertig war, war es bereits viertel vor sieben. Nur noch eine Viertelstunde, bis wir den Laden wieder zumachen würden.

Ich räumte den Rest der Blumen, die ich nicht gebraucht hatte, weg und brachte dann die fertigen Arrangements in den Lagerraum.

Youji machte die Abrechnung und Ken ließ schließlich das Rollo hinunter, während sich Omi schon nach oben verzog, um zu kochen. Das machte er jeden Abend, außer, wenn er selbst nicht da war. Er konnte gut kochen, so ziemlich als einziger von uns vieren. Youji war zum kochen nicht zu gebrauchen, Ken auch nicht wirklich, und ich… na ja, einfache Sachen kriegte ich auch noch hin, doch Omi konnte es einfach viel besser. Aber ich wäre nicht verhungert, auch wenn ich für mich selbst hätte kochen müssen…

Na ja, jedenfalls kochte Omi jeden Abend für uns, wofür wir ihm alle sehr dankbar waren.

Als der Laden dann fertig war, verzog ich mich ebenfalls nach oben und verschwand in meinem Zimmer. Ich öffnete die Vorhänge und dann auch das Fenster, um frische Luft hereinzulassen, bevor ich mich auf mein Bett fallen ließ. Es würde erst in einer halben Stunde oder so Essen geben, also konnte ich vorher noch etwas anderes machen.

Ich schnappte mir das Buch von meinem Nachttisch und schlug es auf, wo ich gestern aufgehört hatte zu lesen. Es war irgendein Krimi, ziemlich spannend und gut geschrieben. Solche Art von Büchern mochte ich, spannend und ohne viel Blut. Blut sah ich auch so schon oft genug…

Ich verlor mich völlig in dem Buch, bis ich durch ein Klicken an der Tür davon losgerissen wurde.

„Aya?“

Ich konnte gar nicht antworten, da wurde die Tür auch schon geöffnet und Youji stand im Rahmen.

„Komm runter, Essen ist fertig!“

Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, bevor ich mein Buch zuschlug und von meinem Bett aufstand. Ich ging zur Tür hinüber und Youji trat einen Schritt zurück, damit ich vorbei gehen konnte. Ich schloss die Tür sofort hinter mir, ließ Youjis neugierigen Blick keine Zeit, um sich näher umzusehen.

Ich ging die Treppen hinunter und hörte, dass Youji mir folgte.

Im der Küche hatte Omi schon gedeckt und saß mit Ken zusammen am Tisch.
Ich ließ mich auf meinen Platz neben Ken nieder und Youji ließ sich auf meiner anderen Seite fallen. Omi lächelte sein süßestes Lächeln in die Runde.

„Jubun meshiagaré!“

Ein erhielt ein einstimmiges „Arigatou, doyo-ni!“ von Ken und Youji als Antwort, bevor wir mit dem Essen begannen.

Omi hatte mal wieder ein wenig herumexperimentiert, ich hatte keine Ahnung, was ich da eigentlich aß, aber es schmeckte echt gut. Wie eigentlich immer, wenn Omi kochte.

Nach dem Essen räumte ich den Tisch ab und Omi und Ken wollten freiwillig spülen. Youji hatte mal wieder irgendein Date und konnte uns ‚leider nicht mehr helfen’. Wie so oft auch… Dieser Mann war so unzuverlässig wie sonst was, wenn es um alltägliche Dinge ging. Bei Missionen war er zuverlässig, aber da ging es ja auch um sein Leben… Wer wäre dabei nicht zuverlässig?

Ich stieg die Stufen nach oben wieder hoch und schloss mich diesmal in meinem Zimmer ein. Ich wollte weiterlesen und dabei nicht gestört werden. Wenn es um meine Ruhe ging, war ich empfindlich. Ich hasse Störungen in der Art von Youji vorhin, einfach ohne anzuklopfen die Tür zu öffnen… Das mag vielleicht dämlich klingen, aber ich mochte es einfach nicht. Wenn jemand unbedingt in mein Zimmer kommen musste, hatte er gefälligst anzuklopfen. Aber Youji schien das einfach nicht kapieren zu wollen, oder er tat es mit voller Absicht und nur um mich zu ärgern.

Ich ließ mich kopfschüttelnd wieder auf mein Bett fallen und schlug das Buch wieder auf.

Als ich das Buch endlich fertig gelesen hatte, war es schon zehn Uhr.

Eigentlich hätte ich jetzt schlafen gehen können, immerhin musste ich morgen wieder arbeiten, doch ich war einfach nicht müde, sondern hellwach.

Vielleicht würde ein bisschen frische Luft nicht schaden?

Ich stand vom Bett auf, ging zu meinem Schrank hinüber und öffnete ihn. Ich zog meinen dunklen Mantel hervor, den ich auch immer bei Missionen trug, und streifte ihn mir über. Ich zog auch meine hohen Stiefel an, bevor ich zur Tür ging und sie wieder aufschloss. Ich verließ mein Zimmer und ging leise die Treppe hinunter, ich wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Ich konnte auf die Fragen verzichten, wo ich denn hingehen würde, besonders von Youji, wenn er mich fragte, in welchen Club ich denn gehen würde…

Unten verließ ich das Haus und schloss die Tür mit einem leisen ‚Klick’ hinter mir.

Ich wanderte eine Zeit lang einfach ein bisschen durch die Straßen, ich hatte kein bestimmtes Ziel. Ich ging in gemütlichem Tempo, eilig hatte ich es ja auch nicht.

Irgendwann kam ich an einen kleinen Park, und beschloss dort ein bisschen spazieren zu gehen.

Die Wege waren auch jetzt noch hell beleuchtet, ich empfand die ganze Atmosphäre als angenehm. Hier hatte ich auch meine Ruhe und war allein.

Ich sog die Luft tief ein, sie roch nach Bäumen, Blumen und nach Wasser. Irgendwo in dem Park war sicher ein Springbrunnen.

Ich lief weiter, als ich plötzlich den Ursprung des Wassers sah. Es war kein Springbrunnen, es war ein kleiner See, mitten im Park. Er war zwar mit Sicherheit künstlich angelegt, aber es gefiel mir hier trotzdem ziemlich gut.

Ich setzte mich am Ufer auf den Boden und starrte ins dunkle Wasser.

Meine Schwester hatte Wasser geliebt, sie war so gerne bei Regen draußen gewesen. Ich mochte Wasser zwar auch, aber so abgöttisch wie Aya hatte ich es nie geliebt.

Ich schüttelte meinen Kopf und wandte ihn vom Wasser ab. Ich wollte nicht nachdenken, über gar nichts. Deswegen war ich ja hier, nachdenken konnte ich auch in meinem Zimmer.

Ich legte mich zurück ins Gras und sah in den Himmel. Heute war es bewölkt, Sterne konnte man keine sehen. Dafür sah ich etwas anderes.

Ich sah meine Schwester dort oben, wie sie sich zu mir umdrehte und mich fröhlich anlächelte.

Ich setzte mich abrupt wieder auf und erhob mich kurz darauf, bevor ich mich umwandte und den Park wieder verließ.

Ich ertrug das einfach nicht. Überall sah ich sie. Egal, was ich auch tat, irgendwann tauchte ihr Bild immer vor mir auf. Alles erinnerte mich an sie. Ich gab einfach nichts, das mich nicht irgendwie an meine Schwester erinnerte.

Ich ging mit schnellen Schritten zurück auf die Straße und lief von dem Park weg. Lief vor meinen Erinnerungen weg, floh vor ihnen.

Ich wanderte noch eine Weile umher, bis ich die Glocke zwölf Mal schlagen hörte. Schon Mitternacht.

Ich beschloss, mich langsam wieder auf den Heimweg zu machen. Ich musste morgen wieder arbeiten und deshalb früh aufstehen, und ich hatte keine Lust, den ganzen Tag müde zu sein.

Ich ging eine Abkürzung durch mehrere Gassen, bis ich wieder an eine größere Straße kam. Das Viertel hier war nicht ganz ungefährlich, aber für mich kein großes Problem. Auch ohne mein Katana fühlte ich mich durchaus in der Lage, mich zu verteidigen.

Ich folgte der Straße, achtete dabei aber trotzdem aufmerksam auf meine Umgebung.

Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Es hörte sich an, wie ein leises Lachen. Ich drehte mich um und erstarrte.

Dort, an einer Straßenlaterne, lehnte jemand. Jemand in einem weißen Anzug, mit dunklen Haaren und einer randlosen Brille. Seine dunklen Augen sahen mich arrogant und herablassend an. Er hatte diesen, für ihn üblichen, überheblichen Gesichtsausdruck aufgesetzt, ohne den ich ihn noch nie gesehen hatte.

Er. Brad Crawford.

Neben ihm stand noch eine andere Gestalt, in einem olivgrünen Mantel und orangeroten Haaren. Sein Gesicht war wie immer zu einem spöttisch-provozierenden Grinsen verzogen und seine grünen Augen blitzten mich belustigt an.

Schuldig.

Crawford machte eine Handbewegung in Schuldigs Richtung und dieser verschwand daraufhin sofort. Er hatte Crawford wohl nur mit einer Teleportation hergebracht.

Der Anführer von Schwarz grinste in meine Richtung und sah mich aus seinen dunklen Augen geringschätzig an.

„Das bist du ja, Kitten. Ich habe dich schon gesucht.“

Kitten… Koneko? Kätzchen?!

Ich knirschte mit den Zähnen. Ich hasste es, wenn mich jemand von diesen Bastarden so anredete. Schwarz fühlten sich uns weit überlegen und nannten uns deshalb bei diesem oder ähnlichen Namen.

Mich trieb es immer fast zur Weißglut, wenn ich das hörte.

Crawfords einzige Reaktion auf meine Wut war, dass er sich sein Grinsen verbreitete und er langsam auf mich zuging.

Ich spürte, dass sich mein ganzer Körper anspannte, und ich in eine Abwehrhaltung ging. Es konnte nichts Gutes bedeuten, wenn man Brad Crawford mitten in der Nacht und alleine auf einer nicht befahrenen Straße traf. Wenn man dann auch noch keine Waffe dabei hatte, war das wirklich nicht gut…
Ich rechnete kurz meine Möglichkeiten durch.

Angreifen?

Würde ich gerne, aber ich hätte nicht den Hauch einer Chance.

Weglaufen?

Hn, Crawford war noch bestimmt zehn Meter von mir entfernt. Selbst wenn er meine Flucht vorhersehen könnte, würde er mich nicht mehr aufhalten können. Dafür war er noch zu weit weg.

Vielleicht war das das Beste, was ich jetzt machen konnte, auch wenn ich jetzt viel lieber etwas Anderes gemacht hätte… und dieses Etwas hatte einiges mit einem Katana und Blut zu tun…

Ich wirbelte herum und war gerade zwei Schritte gelaufen, als ich auch schon Crawfords Stimme hinter mir hörte.

„Das würde ich nicht tun, Kitten! Schuldig ist nicht weit von hier, wir würden dich sowieso wiederfinden, egal, wie schnell du laufen würdest. Du hast keine Chance zu entkommen.“

Ich dachte nicht einmal daran, stehen zu bleiben. Mich widerstandslos dem Feind ergeben? Sicher nicht.

Ich konnte Crawford hinter mit seufzen hören und spürte kaum eine Sekunde später jemanden hinter mir. Etwas packte meine Arme und drehte sie dann schmerzhaft auf meinen Rücken, wirbelte mich herum.

Ich konnte Schuldigs höhnische Stimme an meinem Ohr hören, sein Atem strich meine Wange.

„Siehst du? Du hast ja doch keine Chance, du solltest auf Crawford hören.“

Ich zischte nur ein „Halt’s Maul!“ und begann mich gegen seinen Griff zu wehren, doch er verdrehte meine Arme nur noch weiter.

Ich musste die Zähne zusammenbeißen um nicht aufzuschreien, doch der Schmerz ließ mich meine Gegenwehr nicht aufgeben. Im Gegenteil, er stachelte mich nur noch mehr an. Ich begann mich heftiger zu winden und hätte mich auch fast befreit, wenn Schuldig nicht im letzten Moment sein Knie in mein Kreuz gerammt hätte.

Der feste Tritt presste mir die Luft aus meinen Lungen und ließ mich auf die Knie fallen, mir wurde ganz schwarz vor Augen.

Schuldig hielt meine Arme immer noch fest und hielt mich auf meinen Knien, sonst wäre ich ganz auf den Boden gefallen.

Ich hatte das sichere Gefühl zu ersticken und rang panisch nach Luft, während ich Schuldig über mir schadenfroh lachen hören konnte.

„Lass ihn los, Schuldig.“

Ich konnte Crawfords gelassene Stimme hören, sie kam immer näher.

Schuldigs Hände lösten sich von meinen Armen und ich sank zu Boden.

Nach einer Minute oder so konnte ich wieder einigermaßen normal atmen und meine Sicht klärte sich wieder.

Allerdings war das Erste, was ich sah, Crawfords Beine, die keinen Meter mehr von meinen Augen entfernt waren.

Mein Herz fing wieder an zu rasen, ich spürte, dass ich Panik bekam.

Ich lag immerhin völlig schutzlos for meinem Feind auf dem Boden, wer hätte da keine Angst?

Bestimmt würden Crawford oder Schuldig mich gleich töten, jetzt wo ich ihnen so ausgeliefert war.

Crawford streckte eine Hand nach mir aus, und ich sah mit völlig unbewegtem Blick zu ihm hinauf. Ich würde nicht mit gesenktem Kopf sterben, ich würde ihm in die Augen blicken dabei.

Ich hatte auch meinen Stolz, und er erlaubte mir nicht, einfach mit gesenktem Kopf zu sterben.

Doch plötzlich stoppte Crawfords Hand.

Ich blinzelte kurz, ich war irritiert.

Auf was wartete der amerikanische Bastard denn noch?

Doch Crawfords Hand bewegte sich nicht weiter.

Ich sah kurz darauf, und dann wieder zu Crawford.

Dieser verzog keine Miene, bewegte seine Hand aber nicht vom Fleck.

„Jetzt steh’ schon auf, Abyssinian.“

Was? *Was* wollte er von mir?! Ich sollte aufstehen?! Und *er* wollte mir dabei helfen?! Sicher nicht!

Ich zog meine Augen zu Schlitzen zusammen und presste meine Zähne aufeinander.

Der wollte mir aufhelfen?! Ich würde mir doch nicht von dem helfen lassen! Von einem Schwarz! Von einem Feind!

Ich warf ihm einen tödlichen Blick zu, bevor ich seine ausgestreckte Hand wegschlug.

Ich sprang blitzschnell auf die Beine und ging einen Schritt rückwärts, entfernte mich von Beiden.

Crawford sah mich nur schulterzuckend an.

„Dann eben nicht. Aber einen erneuten Fluchtversuch würde ich dir nicht vorschlagen, das bringt nichts.“

Ich warf ihm und Schuldig einen erneuten, tödlichen Blick zu.

„Was wollte ihr eigentlich von mir?!“

Das würde mich wirklich mal interessieren. Immerhin hatte Crawford gerade die Chance, mich zu töten, doch er hatte es nicht getan.
Warum?

Immer, wenn wir uns während einer Mission begegnet waren, hatte er versucht, mich umzubringen.

Na ja, ich auch, aber warum erledigte er es nicht einfach hier, wo ich keine Chance zur Gegenwehr hatte?!

Ich konnte es einfach nicht verstehen.

Crawford schob sich mit zwei Fingern seine Brille höher auf die Nase, bevor er mir antwortete.

„Wir sind nicht hier, um dich zu töten. Wir wollen nur etwas mit dir besprechen.“

Ich konnte meinen Mund nur sehr schwer davon abhalten, weit aufzuklappen.

Hatte ich das eben richtig verstanden? Schwarz wollte etwas mit mir besprechen?! Schwarz?! Mit mir?! Was konnte das denn sein?

So überrumpelt ich auch war, nach außen hin merkte man mir nichts an.

Mein Gesicht zeigte keine Emotion und auch meine Stimme verriet gar nichts darüber, was ich gerade dachte.

„Ach ja? Was könntet ihr schon mit mir zu bereden haben?“

Crawford griff in sein Jackett und zog eine dünne Mappe hervor.

„Etwas, das dich mit Sicherheit sehr interessieren wird.“

Ich zog nur eine Augenbraue hoch.

„Wirklich. Und was soll das sein?“

Er ging auf mich zu, blieb allerdings wieder in einem Meter abstand stehen.

Ich sah ihn weiterhin misstrauisch an. Das ich schon irgendwie neugierig gewesen war, hieß sicher nicht, dass ich jetzt unvorsichtig wurde.

Crawford hielt mir die Mappe hin.

Ich sah kurz darauf hinab, bevor ich ihm wieder kühl in die noch kühleren Augen blickte.

„Was ist da drin?“

Sein Gesichtsausdruck blieb ebenso kalt wie mein eigener.

„Sie es dir doch einfach an.“

Ich sah noch einmal auf die Mappe hinab.

Sollte ich das wirklich annehmen?

Eigentlich sollte mich doch nun wirklich nicht interessieren, was der Typ mir da geben wollte.

Trotzdem siegte am Ende die Neugier. Sie hätten mich schon längst töten können, wenn sie nur gewollt hätten… Aber was wollten die von mir?



Wahrscheinlich würde ich es nur herausfinden, wenn ich mir die Mappe ansehen würde.

Ich griff nun doch nach der Mappe und nahm sie ruckartig Crawfords Händen, bevor ich wieder einen Schritt zurücktrat, um wieder etwas mehr Abstand zwischen uns zu schaffen.

Ich warf ihm noch einen warnenden Blick zu, mir ja nicht zu folgen, bevor ich die Mappe aufschlug.

Sie enthielt einige Pläne von Gebäuden, Grundrisse und die Einteilung von Räumen in mehren Geschossen. Es war einiges per Hand dazu eingezeichnet worden, einiges mit Farben markiert.

Ich sah mir den ganzen Kram durch, verstand allerdings absolut nicht, worum es sich hier handelte.

Ich sah zu Crawford auf, und wieder ließ ich mir meine extreme Verwirrtheit nicht anmerken.

„Und was ist das jetzt?“

Crawford verschränkte seine Arme vor der Brust.

„Das sind Pläne von einem Hochhaus. Es steht in der Altstadt und morgen Abend findet dort eine Veranstaltung statt. Einige Politiker werden dort erscheinen, unter anderen auch Innenminister Takatori.“

Meine Augen zogen sich als Reaktion auf den Namen zu Schlitzen zusammen.

„Mister Takatori hat zufälligerweise in diesem Haus noch ein Büro, wohin er sich nach Beendigung der Veranstaltung zurückziehen wird. Takatori wird ständig streng bewacht, doch wenn er die Veranstaltung verlässt, werden sich die Wachen alle verziehen, und…“

„Sicher, alle bis auf euch vier, was?“

Crawford schüttelte den Kopf.

„Falsch. Morgen Abend werden nur ich und Farfarello Mister Takatori bewachen.“

„Und was habe ich damit zu tun?“

Ich hatte immernoch nicht so ganz verstanden, was das alles sollte.

Crawford sah mir ununterbrochen in die Augen.

„Ich weiß einiges über deine Vergangenheit, Ran Fujimiya.“

Diesmal klappte mein Mund wirklich auf.

Woher wusste dieser Schwarz-Abschaum meinen richtigen Namen?!

Doch ich brauchte nur einen kurzen Blick auf den grinsenden Schuldig zu werfen, dann war alles klar.

/Hör verdammt noch mal endlich auf in meiner Vergangenheit herumzuwühlen, du verdammter Bastard!/

*Warum denn so wütend, Ranran? Ich wollte nur ein bisschen mehr über dich wissen, und Crawford auch. Du bist echt interessant, muss man dir lassen…*

/HALT’S MAUL, DU MIESE RATTE!!!/

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und sah jetzt wirklich sehr wütend zu den beiden Schwarzmitgliedern hinüber.

Crawford fuhr ungerührt fort.

„Jedenfalls weiß ich auch alles über deine Schwester Aya Fujimiya, über ihren Unfall und ihren jetzigen Zustand. Ich weiß auch, dass Mister Takatori in dem Wagen gesessen hat, der Aya Fujimiya so übel angefahren hat. Und ebenfalls, dass du dich dafür und dem Mord deiner Eltern an Takatori rächen willst. Deshalb habe ich dir die Pläne gegeben. Das ist deine Chance, dich endgültig an ihm zu rächen.“

Batsch.

Das hatte gesessen.

Ich starrte ungläubig und wütend zu ihm hinüber. Das konnte der doch nicht wirklich ernst meinen!

„Für wie blöd hältst du mich eigentlich?! Auf eine so dermaßen offensichtliche Falle fällt doch keiner rein!“

Crawford winkte nur ab.

„Wir bräuchten keine Falle. Viel zu viel Aufwand. Wenn wir dich töten wollten, hätten wir das jetzt schon längst erledigt. Dazu bräuchten wir die Pläne nicht und schon gar nicht deine Kooperation.“

„Kooperation?! Selbst wenn das keine Falle sein sollte, warum sollte ich darauf eingehen?!“

Ich hörte, wie sich meine innere Wut langsam in meiner Stimme niederschlug.

Crawfords Gesichtsausdruck und Stimme waren immernoch so nichtsagend, dass es mich nur noch wütender gemacht hat.

„Weil du dir nichts sehnlicher wünschst, als dich an Mister Takatori zu rächen. Und lass’ dir gesagt sein, morgen ist deine letzte Gelegenheit. Wenn du es nicht tust, wird es jemand anderes tun. Takatori wird morgen sterben, das ist sicher. Allerdings kannst du der sein, der es macht, oder jemand anderes. Also überleg es dir gut.“

Ich fühlte mich so, als hätte er mir mit diesen Worten ins Gesicht geschlagen.

Ich hatte nur noch morgen? Und danach nie wieder die Chance, meine Familie zu rächen?

Crawford machte einen Schritt auf Schuldig zu.

„Wenn du es machst, bist du morgen um zwölf am Hochhaus. Wenn nicht, war’s das mit deiner Rache, kapiert?“

Ich konnte nur benommen nicken.

Crawford sah mich noch einen lang Moment an, bevor er sich Schuldig zuwandte.

Dieser legte eine Hand auf Crawfords Schulter und einen Moment später waren die beiden verschwunden.

Dadurch kam ich wieder ein bisschen zur Besinnung.

Ich starrte mit leerem Blick auf die Mappe, bevor ich sie in meinem Mantel verstaute. Dann wandte ich mich um und ging langsam in Richtung Laden zurück.

Meine Gedanken rasten in meinem Kopf umher.

Warum tat Crawford das?

Immerhin war Takatori sein Boss, warum wollte er ihn tot sehen?

Und warum wollte er mir diese Aufgabe übertragen?

Wenn er Takatori unbedingt tot haben wollte, warum tat er es nicht selbst?

Warum kam er damit ausgerechnet zu *mir*?!

Mit solchen Gedanken im Kopf kehrte ich so gegen halb eins nach Hause zurück.

Ich schloss die Tür auf und verzog mich leise nach oben, ich wollte niemanden wecken.

In meinem Zimmer zog ich meinen Mantel aus und hängte ihn über einen Stuhl, bevor ich meine Stiefel abstreifte. Die Mappe legte ich auf dem kleinen Tisch ab, der auch noch in meinem Zimmer stand.

Ich zog danach auch alle meine anderen Sachen aus, bevor ich zu meinem Schrank hinüberging und mir ein T-Shirt und Boxershorts holte, die ich mir überzog. Meine Stiefel stellte ich in den Schrank, bevor ich die Türen wieder schloss.

Ich war eben ein ordentlicher Mensch, ich mochte Unordnung einfach nicht.
Als ich damit fertig war, verkroch ich mich in mein Bett und zog mir die Decke bis zum Hals hoch.

Was sollte ich tun?

Ich wollte keinen Auftrag von Crawford annehmen, doch ich wollte mich auch an Takatori rächen.

Und ich hatte nur noch diese letzte Chance. Danach würde es keine Gelegenheit mehr geben, ihn zu töten.

Aber ich musste mich rächen, koste es, was es wolle! Ich hatte es meiner Schwester versprochen, so wie ich ihr versprochen habe, ihr Leben für sie weiterzuleben.

Deshalb trug ich ja auch ihren Namen.

Ich musste es tun, auch wenn ich dafür meinen eigenen Stolz in den Schatten stellen musste.

Den würde es nämlich sehr verletzen, wenn ich die Hilfe von Schwarz annehmen würde.

Doch ich hatte eigentlich keine Wahl. Crawford hatte Recht gehabt, ich würde es tun.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

Dieser verdammte Bastard!

Ob er alles so vorhergesehen hatte?

Wahrscheinlich schon. Woher sollte er auch sonst gewusst haben, dass Takatori morgen sterben würde? Er hatte es genau gewusst und mein Verhalten miteinkalkuliert.

Und ich hatte genau so reagiert, wie er es sich gedacht hat.

Oder gewusst hat.

Ich versuchte krampfhaft nicht mehr daran zu denken, ich wollte nur noch schlafen. Ich musste morgen früh aufstehen, und jetzt war es schon fast ein Uhr nachts.

Ich entspannte meinen Körper gänzlich und rollte mich auf den Bauch. So konnte ich besser einschlafen, das wusste ich, und so wirkte es auch diesmal. Ich war schon nach einer Minute eingeschlafen.

~*~*~*~*~*

Am nächsten Morgen erwachte ich erst, als mein Wecker klingelte. Also um halb neun. Ich hätte den Wecker am liebsten erschlagen, doch das hätte auch nichts geholfen. Also schaltete ich ihn einfach nur aus, bevor ich mich nochmals in mein warmes Bett zurückkuschelte. Ich hatte definitiv keine Lust, heute zu arbeiten. Am liebsten wäre ich einfach hier liegen geblieben und hätte nachgedacht. Doch das ging nicht, und das wusste ich selbst.

Also setzte ich mich schon nach fünf Minuten wieder auf und streckte mich, bevor ich die Beine aus dem Bett schwang und aufstand.

Gähnend ging ich zu meinem Schrank hinüber, um mir frische Klamotten zu holen.

Dabei fiel mein Blick auf den kleinen Tisch, der in der Ecke meines Zimmers stand. Meine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen.

Die Mappe.

Diese verdammte Mappe, die mir Crawford gestern gegeben hatte.

Ich wandte meinen Blick davon ab, und zog mich aus, während ich merkte, dass in mir die Wut hochkochte.

Ich wusste selbst nicht, warum ich so wütend war.

Weil es Crawford gewesen war, der mir diesen Auftrag gegeben hatte?

Weil ich ihm gehorchen musste, um meine Rache zu bekommen?

Oder weil ich es bis jetzt einfach selbst noch nicht geschafft hatte, Takatori zu beseitigen, und deshalb Crawfords Hilfe brauchte?

Vielleicht alles zusammen.

Ich schnappte mir willkürlich irgendwelche Klamotten aus dem Schrank und zog sie an.

Im Endeffekt hatte ich dann eine schwarze, enge Jeans und ein grünes Oberteil an. Das ging ja.

Ich drehte mich um und verließ mein Zimmer, ließ meinen ganzen Ärger und meine Fragen darin zurück. Die anderen sollten nicht mitkriegen, dass gestern etwas passiert war, denn sonst würden sie vielleicht Fragen stellen und ich würde keine einzige davon beantworten. Würde keine davon beantworten wollen oder können. Erstens ging das keinen etwas an und zweitens konnte ich ihnen ja auch schlecht sagen, was gestern passiert war.

Ich schloss die Tür zu meinem Zimmer und ging dann die Treppen hinunter in die Küche.

Omi war schon in der Schule, während die beiden anderen wohl noch schliefen.
Ich setzte Kaffee auf und holte mir dann eine Tasse aus dem Schrank, wo ich den fertigen Kaffee reinkippte. Den Rest von der dunklen Brühe ließ ich für die anderen stehen, das machte ich jeden Morgen so.

Mit meiner Tasse setzte ich mich an den Tisch und trank den Kaffee langsam, genoss die Stille, die ich hier nur morgens hatte, wenn ich allein war.

So konnte ich nachdenken.

Für mich war mittlerweile klar, dass ich den Auftrag wohl oder übel annehmen würde. Was blieb mir schon anderes übrig? Meine Rache aufgeben? Sicher nicht.

Ich musste mir nachher die Pläne noch einmal ansehen und dann einen Plan ausarbeiten.

Als ich meine Tasse ausgetrunken hatte, stand ich auf und spülte sie ab, bevor ich sie abtrocknete und in den Schrank zurückstellte.

Danach verließ ich die Küche und stieg die Treppen zum Laden hinunter. Ich ging eine Runde durch den Raum, gab einigen Blumen frisches Wasser oder sortierte einige Verwelkte aus, bevor ich zum Rollladen ging und diesen öffnete.

Warme Sonnenstrahlen hüllten mich ein, blendeten mich.

Ich schütze mit einer Hand meine Augen, während ich mich umdrehte und zur Kasse ging.

Der Vormittag verlief ziemlich ereignislos. Morgens war eigentlich nie besonders viel los, der Ansturm kam erst nachmittags.

Gegen zehn gesellte sich Ken zu mir, Youji erst gegen halb zwölf.

Wie man nur so lange schlafen konnte, war mir ein Rätsel, vor allem, wenn am nächsten Morgen ein Wochentag war. Aber der Mann kam sowieso nie pünktlich zur Arbeit, er war immer der letzte von uns dreien. Bei Omi war das was anderes, er hatte ja Schule und stand immer als erstes auf.

Ich hatte mich mittlerweile an Youjis Unzuverlässigkeit gewöhnt und regte mich gar nicht mehr darüber auf. Ich hätte ihn ja doch nicht ändern können damit.

Gegen zwei kam dann Omi von der Schule zurück, sagte uns kurz ‚Hallo’ und verschwand dann gleich in der Wohnung, um etwas zu kochen.

Nach einer weitern halben Stunde rief Omi uns alle zum Essen und wir schlossen den Laden über Mittag.

Wir drei gingen nach oben und setzten uns zu Omi an den Tisch.

Der Kleine hatte Misosuppe gekocht, das schmeckte uns allen gut und ging vor allem schnell.

Nach dem Essen ging ich mit den Anderen in den Laden zurück und verzog mich in eine stille Ecke, wo ich einigermaßen ungestört einige Gestecke fertig stellen konnte.

Meine Gedanken waren jedoch oben in meinem Zimmer, bei der verdammten Mappe, die mir Crawford gestern gegeben hatte.

Als ich mit den Aufträgen fertig war, räumte ich den Tisch auf und die Gestecke in den Lagerraum. Ich sah mich im Laden um und bemerkte, dass der Mädchenansturm eingesetzt hatte. Außerdem war es nicht gerade leise im Laden, sodass ich schon nach zehn Minuten Kopfschmerzen von dem Krach bekam.

Vorhin war ich zu sehr in meine Arbeit vertieft gewesen und hatte nichts gehört, doch jetzt brach der ganze Lärm auf mich ein.

Ich hasste überfüllte Orte, dort fühlte ich mich einfach nicht wohl.
Und dann diese Lautstärke…

Ich ging unauffällig zum Tresen hinüber, zog eine der Schubladen auf und holte eine Schachtel Tabletten heraus. Kopfschmerztabletten.

Ich hatte sie dort deponiert, weil ich öfters Kopfschmerzen hatte.

Ich brach zwei Tabletten aus der Palette, holte mir ein Glas Wasser und spülte damit die Tabletten hinunter. In ein paar Minuten würden sie anfangen zu wirken.

Doch diesmal blieb die erhoffte Wirkung aus. Eher das Gegenteil trat ein, sie wurden noch schlimmer.

Ich stöhnte vor Schmerz leise auf und presste eine Hand gegen meine Stirn, während ich mich auf einen Hocker hinter dem Tresen sinken ließ. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte mich ein bisschen zu entspannen, damit der Schmerz vielleicht etwas nachließ.

Noch nicht einmal eine halbe Minute später hörte ich Omis besorgt klingende Stimme.

„Aya-kun? Ist alles in Ordnung?“

Ich öffnete meine Augen und sah direkt in Omis kornblumenblaue. Er lehnte auf seine Ellenbogen gestützt halb auf der Theke und seine Augen waren genauso besorgt wie seine Stimme.

„Ja, alles in Ordnung. Es sind nur Kopfschmerzen.“

„Hast du noch keine Tabletten eingenommen?“

„Doch.“

„Wirkt es nicht? Dann wirst du vielleicht wirklich krank? Geh doch nach oben und ruh dich ein bisschen aus, dann wird es hoffentlich ein bisschen besser.“

Ich war kurz davor, dem Kleinen einen bissigen Blick zuzuwerfen und mit eisiger Stimme „NEIN.“ zu sagen, doch gerade in diesem Moment verstärkten sich die Kopfschmerzen noch einmal, sodass ich mich geschlagen gab und nickte.

Ich bemerkte, dass Omi sichtlich aufatmete. Er hatte wohl eine abweisende Antwort erwartet, doch diese Befürchtung erfüllte sich nicht. Stattdessen rang ich mir einen recht freundlichen Blick für Omi ab, bevor ich aufstand und in Richtung Wohnung ging.

Hinter mir konnte ich Omi leise mit Ken reden hören, der den Blonden wohl gefragt hatte, was los gewesen war. Dann fiel die Tür hinter mir ins Schloss.

Ich stieg die Treppe nach oben und machte in der Küche halt um mir einen Tee zu kochen.

Ich mochte Tee sehr gerne, viel mehr als Kaffee, der mir oftmals zu bitter war. Und mein Lieblingstee half mir auch immer gegen meine Kopfschmerzen.
Normalerweise jedenfalls… hoffentlich auch heute, nachdem die Tabletten schon nichts halfen.

Ich setzte Wasser auf und holte eine Tasse und einen Teebeutel aus dem Schrank, die ich neben den Wasserkocher stellte.

Nach einigen Minuten war das Wasser heiß und ich schüttete es in die Tasse mit dem Teebeutel. Danach ließ ich ihn eine Weile ziehen, bevor ich mir die Tasse schnappte und damit in mein Zimmer ging.

Ich hatte kaum die Tür geöffnet, als mir auch schon die gleißendhellen Sonnenstrahlen direkt in die Augen fielen. Der plötzliche Lichteinfall jagte einen stechenden Schmerz durch meinen Kopf und ich wandte den Blick ganz schnell ab.

Meine Tasse stellte ich auf meinem Nachttisch ab, bevor ich schnell die dunklen Vorhänge zuzog, damit der Raum wenigstens etwas abgedunkelt war.

Danach streifte ich meine Hose ab und ließ mich auf mein Bett sinken.
Die Kopfschmerzen hatten sich nicht gelegt, sondern waren eher noch ein wenig stärker geworden.

Ich griff stöhnend nach meiner Teetasse und trank einige Schlucke, bevor ich mich zurücklegte und mir die Decke bis zum Hals hochzog. Hoffentlich half der Tee wenigstens…

Ich hatte eigentlich vorgehabt, mich einfach ein bisschen in mein dunkles Zimmer zu legen, doch auf einmal fühlte ich eine immense Müdigkeit in mir aufsteigen und meine Augenlider wurden so schwer, dass ich kämpfen musste, damit sie mir nicht zufielen.

Doch ich gewann den Kampf nicht, denn schon nach wenigen Minuten war ich eingeschlafen.

~*~*~*~*~*

Ich erwachte erst zwei Stunden später wieder, auf meiner Uhr war es schon acht Uhr.

Ich setzte mich ächzend auf und rieb mir die Augen. Dieser Traum, den ich eben gehabt hatte, war verdammt seltsam gewesen. Vor allem, weil es eigentlich gar kein Traum war. In meinem Kopf hat sich, während ich geschlafen habe, ein Plan entwickelt, wie ich den Mist heute Abend erledigen konnte. Aber war mir sicher, dass das etwas mit Schuldig und seiner Telepathie zu tun hatte, denn mir war, als hätte ich dessen Stimme ab und zu gehört.

Ich ließ die Hände zurück auf die Bettdecke fallen, ziemlich verwirrt von der Idee, dass Schuldig mir helfen könnte. Ausgerechnet Schuldig! Warum sollte er mir helfen wollen?

…vielleicht hatte Crawford es ihm befohlen? Immerhin war der ganze Auftrag ja seine Idee, also vielleicht hatte er…

Trotzdem, diese ganze Geschichte war komisch! Ich verstand einfach nicht, was Crawford damit bezweckte! Warum um Himmels willen wollte er seinen Boss töten?! Bezahlte der Mann nicht mehr richtig oder was?!

Ich schüttelte frustriert meinen Kopf und verbannte die Gedanken an den verrückten Amerikaner in eine dunkle Ecke meines Kopfes, im Moment gab es wichtigeres, worüber ich nachdenken musste. Zum Beispiel über den Plan, den mir der verrückte Amerikaner über Schuldig in den Kopf gepflanzt hatte…

Ich stand auf und ging zum Tisch hinüber, schnappte mir die Mappe und lief sofort zurück zum Bett, wo ich mich wieder unter meine Decke verkroch und die Pläne aufschlug.

Ich musste zugeben, dass der Plan, den Schuldig mir geflüstert hatte, sehr gut war. Er hatte alles bedacht, jede noch so unwichtige Wache, die eventuell einen Alarm auslösen konnte. Wenn ich vorsichtig war würde niemand bemerken, dass ich überhaupt in dem Haus gewesen war. Nur, dass Takatori dann tot sein würde.

Dieser Gedanke ließ meine Augen aufblitzen. So lange hatte ich auf diese Gelegenheit gewartet, mich endlich rächen zu können, dass es jetzt fast schon unwirklich war. Heute Abend würde ich mein Versprechen Aya-chan gegenüber einhalten können, sie und unsere Eltern zu rächen.

Ich lenkte meine Gedanken wieder auf die Pläne zurück, um wirklich jedes noch so kleine Detail zu prüfen, das Schuldig mir mit dem Ablauf des Abends erklärt hatte.

Dabei fiel mir auf, dass der Telepath in meinem Traum die beiden anderen Schwarzmitglieder, die Takatori bewachen würden, gar nicht erwähnt hatte. Wo würden Crawford und Farfarello sein, während Aya ihren Boss killte?
War das ganze vielleicht doch eine Falle?

*Denk nicht mal dran, Abyssinian. Wir würden uns keine so große Arbeit machen, wenn das nur eine Falle wäre. Oder eigentlich würden wir überhaupt keine Falle stellen, denn wir können alle töten, dazu brauchen wir keine Tricks. Falls du es wissen willst, Crawford und Farfie werden im Raum bleiben, wenn du Takatori um die Ecke bringst, und dann unabhängig von dir das Gebäude verlassen. Soll heißen, durch eine Teleportation. Und du kennst deinen Fluchtweg ja, nehme ich an? War ganz schön schwer, dich zum schlafen zu kriegen, hast dich ja ziemlich gewehrt dagegen!*

/Wie bitte?! Du hast mir diese Scheiß Kopfschmerzen verpasst?!/

*Sicher, wer denn sonst? Und dagegen helfen keine Schmerztabletten und auch kein Tee, wie du sicher gemerkt hast. Aber es musste sein, denn du hättest nie einen Plan akzeptiert, den ich dir direkt erklärt hätte.*

Das stimmte allerdings.

*Siehst du? Und Brad hat vorhergesehen, dass du zwar auch einen Plan entwickelt hättest, aber unserer ist sicherer. Braddy hat nichts weiter gesagt, aber vielleicht wärest du entdeckt worden und das wäre nicht so gut gewesen. Ja ja, unser Leader hat wieder alles perfekt geplant, da wünscht er sich eher keine unvorgesehenen Zwischenfälle. Gut, dann haben wir das ja geklärt. Hast du noch weitere Fragen zum Ablauf oder ist alles klar?*

Ich ließ meinen Blick noch einmal prüfend über die Blätter gleiten, doch konnte nichts finden, das noch unklar war.

/Alles klar./

*Gut, dann werde ich mich jetzt verabschieden. Viel Spaß heute Abend, und versau das bloß nicht. Da hängt eine ganze Menge dran, und das nicht nur für uns. Also, pass bloß auf.*

Mit diesen Worten kappte Schuldig die mentale Verbindung und ich war wieder allein in meinem Kopf, ohne diese nervende Präsenz, als die ich den Telepathen immer spüren konnte, wenn er mich ‚besuchte’.

Ich klappte die Mappe zu und legte sie unter mein Bett, damit niemand sie sehen konnte, der vielleicht ‚zufälligerweise’ wie Youji gestern mein Zimmer betrat. Nachdem ich das gemacht hatte, kuschelte ich mich zurück in mein Bett und rieb mir mit den Händen die Augen.

So, die beiden würden also tatenlos zusehen, wenn ich Takatori killte? Einfach so neben seinem Stuhl stehend und darauf wartend, dass ich meinen Rachedurst befriedigt hatte?

Ein Teil von mir sagte die ganze Zeit, dass ich total wahnsinnig war, mir von SCHWARZ diesen Auftrag geben zu lassen, da es sowieso schief gehen würde, während ein anderer so argumentierte, wie Schuldig es getan hatte. Es wäre zu viel Mühe, ihm eine Falle zu stellen, wenn sie ihn auch jeden Tag einfach in irgendeiner Seitengasse beseitigen konnten.

Und dann war da noch ein kleiner Teil, der sich fragte, was Schuldigs letzte Worte zu bedeuten hatten. Was hing daran, wenn Takatori sterben musste? Warum war es für Schwarz so wichtig, dass sie ihren Boss loswurden?

Und vor allem, was hatte das mit mir zu tun? Ich würde meine Rache bekommen, aber was dann? Was hatte ich dann noch mit der ganzen Sache zu tun?

Gar nichts, entschied ich schließlich. Ich würde nichts mehr damit zu tun haben, es würde abgeharkt sein.

Zumindest hoffte ich das…

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als es leise an der Tür klopfte.

„Aya-kun?“

Omi. Was wollte er jetzt schon wieder, abends um halb neun?

„Ja?“

Zu meiner großen, negativen Überraschung ging daraufhin die Tür auf und ein greller Lichtstrahl aus dem Flur traf direkt meine Augen.

Ich konnte mich selber leise stöhnen hören, als meine Augen, die bis jetzt eben in der völligen Dunkelheit meines Zimmers gewesen waren, plötzlich dieses helle Licht abbekamen. Ich drehte sofort den Kopf ab und bedeckte meine Augen mit den Händen und fauchte dann Omi an.

„Mach das Scheiß Licht aus!“

Ich konnte den Blondschopf leise keuchen hören, er hatte wohl nicht erwartet, dass ich ihn so anfahren würde.

Doch es schien Wirkung zu zeigen, denn der Kleine machte die Tür zu. Doch wohl von innen, denn ich konnte seine Fußschritte hören, die sich langsam meinem Bett näherten.

Ich nahm die Hände wieder von meinem Gesicht und blinzelte einige Male, um wieder eine klare Sicht zu bekommen. Zwar tanzten immernoch bunte Punkte dort, wo ich hinsah, doch jetzt konnte ich wenigstens Omi erkennen, der einen Meter von mit entfernt stehen geblieben war.

Ich streckte meine Hand nach dem Schalter meiner Nachttischlampe aus, um dann ein ganz kleines bisschen an dem Knopf zu drehen.

Je weiter ich drehte, desto heller wurde es, doch ich ließ es bei einer schummerigen Beleuchtung.

Nachdem ich das gemacht hatte, starrte ich zu Omi hinauf, de immernoch unbewegt dort stand.

„Was ist?“

Meine Stimme klang ungehaltener, als ich eigentlich war. Ich mochte es zwar nicht, wenn jemand mein Zimmer betrat, doch bei Omi war es etwas anderes, denn dieser half ihm auch immer meine Wunden zu versorgen, sobald ich das nicht mehr alleine konnte. Deshalb war der Junge schon öfters in meinem Zimmer gewesen als die anderen. Und ich glaubte nicht, dass Omi mein Zimmer jetzt nur betreten hatte, um es sich anzusehen, um zu sehen, ob es nicht irgendetwas gab, mit dem er mich ärgern konnte, so wie Youji es tun würde.

Ich konnte Omi bei meiner Frage zusammenzucken sehen und der Junge ging einen Schritt zurück.

Verdammt, das hatte ich nicht gewollt. Gerade hatte ich dem Jungen mühsam erklärt, dass ich ihn nicht dafür hasste, dass er ein Takatori war, und jetzt fauchte ich ihn wieder genauso an wie noch vor dem gestrigen Tag.

„Ich wollte dich nicht anschreien, Omi. Tut mir leid.“

Er sah auf und ein erleichterter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht, bevor er wieder einen Schritt näher trat.

„Ich hätte nicht einfach hier hereinkommen dürfen, aber ich wollte mal nach dir sehen. Hast du noch Kopfschmerzen?“

Was sollte ich dazu sagen? Wenn ich nein sagte, musste ich wahrscheinlich runter gehen und mit den anderen zu Abend essen, und das wollte ich nicht. Erstens hatte ich keinen Hunger und zweitens brauchte ich noch ein bisschen Zeit für mich selbst, um mich auf die Mission einzustellen.

Wenn ich ja sagen würde, würde sich Omi Sorgen machen und sich noch eine Weile um mich kümmern, also Tee kochen und solche Sachen.

Was war besser? Alle meine Teamkollegen beim Essen ertragen oder nur Omi, der sich wie eine Glucke um mich kümmerte?

Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit.

„Ja.“

Sofort konnte ich den besorgten Blick in seinen Augen sehen.

„Ist es schlimm? Brauchst du etwas? Hast du noch Tabletten hier oben? Soll ich dir etwas zu Essen hochbringen?“

Auf diesen Schwall Worte hin sah er mich nur abwartend an, die Besorgnis immernoch in seinen Augen geschrieben.

„Nein, nein, ja und nein.“

Omi sah mich erst etwas perplex an, doch dann verstand er, dass das die Antworten auf seine Fragen gewesen waren.

„Bist du dir sicher? Ich werde dir trotzdem Tee kochen, und du hast wirklich keinen Hunger?“

„Nein.“

„Okay, ich bin gleich wieder da.“

Damit schnappte er sich meine leere Tasse vom Nachttisch und verließ mein Zimmer, wobei er aufpasste, dass er die Tür nicht allzu weit aufmachte.

Nachdem er weg war, kuschelte ich mich wieder in mein Bett und seufzte leise. Ich hatte es ja geahnt…

Nur fünf Minuten später hörte ich Omis Fußschritte sich wieder meinem Zimmer nähern, und ich drehte mich mit dem Rücken zur Tür, wobei ich die Augen schloss und ruhig atmete. Ich wollte mich heute nicht schon wieder mit Omi auseinandersetzen, das hatte ich gestern schon gehabt.

Ich hörte Omi den Raum betreten, einen Moment stehen bleiben und dann die Tür schließend, bevor er leise zu meinem Bett hinüberkam. Er stellte die Tasse auf meinem Nachttisch ab und verweilte dort, anstatt zu gehen. Dann hörte ich ihn etwas murmeln.

„Armer Aya-kun, muss schlimme Kopfschmerzen haben, wenn er innerhalb von Minuten einschläft…“

Mein Gott, der Junge war vielleicht naiv! Dass er nicht erkannte, dass sein armer Aya-kun einfach nur seine Ruhe haben wollte…

Das nächste, was ich wahrnahm, war, dass Omi meine Decke, die irgendwo auf meinem Bauch endete, hoch zu meinem Hals zog und mich bis dorthin zudeckte, bevor er mir sanft über die Schulter streichelte.

„Hoffentlich geht es dir bald besser, Aya-kun… schlaf gut…“

Mit diesen Worten nahm er die Hand von meiner Schulter und drehte sich um, um mein Zimmer zu verlassen.

Kaum dass er weg war richtete ich mich auf und sah ihm verwirrt hinterher, was allerdings von der geschlossenen Tür verhindert wurde.

Was war denn in den gefahren? Omi war zwar schon immer gluckenhaft gewesen, doch so schlimm war es noch nie gewesen. Ich konnte mich nur an eine einzige Person erinnern, die mich in meinem ganzen Leben so behandelt hatte, und das war meine Mutter gewesen…

Was meine Gedanken gleich wieder von Omi ablenkte, zu einem anderen Aspekt, den ich noch überdenken musste.

Meine Denkarbeit unterbrach ich erst, als meine Uhr halb zwölf anzeigte.

Ich stand auf, streckte mich und ging zu meinem Schrank hinüber, um mir von dort meine typischen Missionsklamotten zu holen. Enge, schwarze Sachen plus den Mantel und die Stiefel, was ich alles anzog, bevor ich meine engen Lederhandschuhe überstreifte. Damit fertig griff ich nach meinem Katana, holte es einmal kurz aus der Scheide und hielt es ins Licht. Ja, es war scharf, und es war sauber.

Doch nicht mehr lange…

Mein Blut geriet in Wallung, als ich daran dachte, dass bald Takatoris Blut an meiner Klinge kleben würde.

Ich riss meinen Blick von dem funkelnden Schwert los und steckte es zurück in die Scheide, bevor ich diese an meiner linken Seite befestigte.

Ich schloss die Schranktür und ging dann durch den Raum, um mein Zimmer zu verlassen, wobei ich kein Geräusch machte. Ich wusste genau, wie ich mich bewegen musste, um keinen Lärm zu machen, und das tat ich auch nicht, während ich vorsichtig durch das dunkle Haus schlich, auf dem Weg in die Garage.

Dort angekommen drückte ich auf den Schalter, damit das Tor aufging, bevor ich zu meinem Porsche hinüberlief und mich auf den Fahrersitz fallen ließ.

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich den Motor startete und die Hände an das Lenkrad legte.

Gut, dann konnte es jetzt ja losgehen…

Ende Part 1

Anmerkungen: So, das war der erste Teil dieser Fic. Wisst ihr schon, was für ein Pairing das gibt? Hihi, ich schon!
Wie hat es euch gefallen? Ich würde mich freuen, wenn ich einen Kommentar von euch dazu kriegen würde! Egal ob positiv oder negativ!
Ich werde versuchen, den nächsten Teil möglichst schnell zu schreiben, denn ich will ja selber wissen, wie es weitergeht! *gg*
Ciao!

PS: Wer wissen moechte wie's weitergeht kann mal auf der Seite www.a-yume.de kucken, dort lade ich ab jetzt alle meine Stories hoch! Auch den zweiten Teil von Todfeind! Bis dann!