Arjuna Fan Fiction ❯ Mondkinder ❯ Eine unruhige Nacht ( Chapter 8 )

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Als alle wieder in den Helikopter kletterten seufzte Lia theatralisch und sagte: „Na fein, Juna-san, das kann ja noch was werden! Dich hinzukriegen, wird noch dauern! Das akutere Problem für uns ist allerdings, dass wir beide pitschnass sind und froh sein können, wenn wir uns davon nicht den Tod holen! Was ist eigentlich mit Chris? Hoffentlich hat er nicht die volle Wucht der Rückwirkung abbekommen! Das wäre nämlich eher ungut, glaube ich!“
Dann fiel ihr Blick auf ihren Bruder, sie verstummte abrupt und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. „A Chris! Nach bhfuil tú go maith!? Sie lief an seine Seite und berührte seinen Arm mit den Fingerspitzen, so wie es unter Telepathen üblich war. Der junge Mann reagierte zunächst kaum, dann huschte ein mattes Lächeln über seine Lippen. Reg dich nicht auf, a dheirfiúr, es ging mir schon mal schlechter. Ein oder zwei Tage im Bett und ich bin wieder auf den Beinen!'
 
Cindy war die erste, die reagierte. Sie wandte sich an den Schwarzen und sagte: „William-san, sag dem Piloten, er soll sich beeilen, zur Basis zurückzukommen. Chris geht es schlecht, er hat sich völlig verausgabt!“
 
Juna hingegen fühlte sich völlig deplaziert. Ihr fehlte der direkte Link zu dem jungen TI-1 Telepathen, den Cindy und Lia besaßen. Während die junge Irin neben seinem Rollstuhl kniete und besorgt in ihrer Muttersprache auf ihn einredete, unterhielt sich das kleine Mädchen nervös mit Teresa und versuchte, ihr klar zu machen, dass dies nur vorübergehend sei und Chris sich sicherlich bald wieder erholt haben würde.
Sie ließ sich auf eine der Pritschen sinken. Sie fühlte sich erschöpft, ausgelaugt und nass und hoffte, dass sie sich in der Basis trocknen konnte, sonst konnte sie darauf wetten, dass sie bald eine starke Erkältung haben würde.
Während sie Lias gedämpftem Wortschwall in Irisch lauschte, wurde sie mehr und mehr von der fremdartigen Sprachmelodie eingenommen. Die Sprache schien so reich an kehligen Konsonanten und weichen Vokalen. Ihr wurde klar, woher Lias weicher irischer Akzent kam, der immer hörbar war, wenn sie Englisch sprach. Sie wünschte, sie verstünde zumindest ansatzweise, was Lia zu ihrem Bruder sagte. Es klang für sie, als wenn sie ihn beruhigen wollte und sie beschloss, ihre Freundin nachher zu fragen, was sie zu ihm gesagt hatte.
 
Als der Hubschrauber dann endlich auf der Landeplattform der Basis landete, waren alle erleichtert. William half ihnen allen beim Aussteigen, dann hob er den völlig erschöpften Chris aus dem Rollstuhl und trug ihn rasch hinein. Der junge Mann wehrte sich nicht. Alle anderen folgten eilends, froh, endlich wieder ins Trockene zu kommen.
 
 
Wenig später saßen Lia, Juna, Cindy und Teresa an Chris' Bett und besprachen den Einsatz inoffiziell nach, da der junge Telepath sich hartnäckig geweigert hatte, diese für ihn wichtige Angelegenheit auf später zu verschieben. Mit den durch Cindy übermittelten Worten: „Schlafen und mich ausruhen kann ich immer noch. Diese Besprechung ist wichtig und jetzt sind uns die Details noch alle frisch im Gedächtnis.“ hatte er jeden Protest einfach abgewürgt.
Während Cindy sich darum gekümmert hatte, dass er zumindest ins Bett kam und etwas Warmes zu trinken bekam - das Abendessen hatte er schlicht und einfach verweigert - , hatten die anderen sich getrocknet und etwas anderes angezogen. Vor allem Juna und Lia waren völlig durchnässt, so dass es für sie notwendig geworden war, sich Uniformen von SEED auszuleihen, bis ihre eigenen Kleider wieder trocken waren.
 
„Es ist ein Wunder, dass die Mission wider Erwarten so gut ausgegangen ist. Als du zusammengebrochen bist, Juna-san, dachte ich schon, jetzt ist es aus.“, eröffnete Teresa das Gespräch. „Aber meine Vermutung, dass Lia in der Lage ist, dich effektiv zu unterstützen, hat sich bestätigt. Sie hat zwar ihre Fähigkeiten nicht angewendet, aber dir offensichtlich sehr geholfen.“ Juna nickte betreten und nippte an ihrer Schale warmen Tees. Es ärgerte sie, dass sie schon wieder versagt hätte, wenn ihre Freundin nicht dank Chris' Intervention eingegriffen hätte. Auch ihr war es nicht verborgen geblieben, wie sehr solche Aktionen an Chris' ohnehin stark begrenzten Kräften zehrten, und es machte ihr Sorgen.
 
Während Teresa weiter sprach, sah sie sich im Raum um und gewahrte dieselben Gegenstände, die zwei Wochen früher auch Lia aufgefallen waren. Sie war vorher noch nie in diesem Teil der Basis gewesen und dass sie einmal so sehr in die mehr oder minder Privatsphäre ihres „Mentors“ gelangen würde, hätte sie sich ohnehin nie träumen lassen. Zwar war der Raum großteils im Dunkeln, da nur Chris' Nachttischlampe und zwei weitere, kleinere Lampen brannten, aber die ruhige, kühle Atmosphäre des Raums übertrug sich trotzdem auf sie.
 
„Juna-san, hörst du uns überhaupt zu?“, riss Teresa sie aus ihrer Betrachtung.
„Äh, ja, natürlich, Teresa-san!“, sie senkte den Blick und gab vor, sehr intensiv ihre Schale zu studieren. Eh, Juna-san, pass auf, was Teresa nicht auffällt, fällt jedem Telepathen auf!', neckte Lia sie telepathisch und sie musste sich sehr zusammennehmen, um nicht zusammenzuzucken. Als sie wieder aufsah, fiel ihr Blick auf Chris, der offenbar die Bemerkung seiner Schwester mitbekommen hatte und sie schwach, aber amüsiert anlächelte.
 
Teresa war der Austausch zwischen den Telepathen nicht entgangen und sie konnte sich denken, dass dieser sicherlich mit Junas Unaufmerksamkeit zusammenhing. Entschlossen, die Sache zu einem Abschluss zu bringen und Chris Ruhe zu gönnen, fuhr sie, an Juna gewandt, fort: „Auf jeden Fall ist morgen Vormittag ein Treffen aller Verantwortlichen anberaumt, wo auch du, Lia und Chris erscheinen sollen. Ich habe den Herren meinen Vorschlag unterbreitet und nachdem er so offensichtlich von Erfolg gekrönt war, haben wir sicher keine Schwierigkeiten, Lias Position als deine und Chris' „Assistentin“ zu festigen und ihr endlich offizielle Dokumente, wie beispielsweise eine Keycard, zu besorgen. Chris-san, dein Schrieb hat bereits die Runde gemacht - will heißen, er hat sich herumgesprochen, genauso wie Lias und deine Aktion inzwischen auch schon in aller Munde sein dürfte. Eure Ähnlichkeit dürfte sowieso selbst einer Blindschleiche aufgefallen sein!“ Der Angesprochene sah sie mit gehobener Augenbraue an und übermittelte mit einem belustigten Grinsen: „Daran besteht wirklich kein Zweifel. Meine Schwester ist alles andere als unauffällig mit ihrer Ähnlichkeit zu mir, ihrem Mundwerk und ihrer Willensstärke. - In Ordnung, das heißt, morgen wird das Ganze also endgültig offiziell, richtig?“ Teresa nickte.
„Gut!“, mischte sich Cindy ein. „Dann könnt ihr ja alle gehen und Chris endlich in Ruhe lassen. Er ist erschöpft genug und wenn er morgen zu diesem Meeting kommen soll, dann muss er sich jetzt ausruhen, andernfalls könnt ihr es hier veranstalten und nicht im Konferenzraum! Er…“ Lia unterbrach sie: „Kurze Frage: Es ist inzwischen 11 Uhr nachts und ich bin eigentlich nicht sehr erpicht darauf, mitten in der Nacht in fremden Klamotten heimzufahren. Sind unsere Sachen schon trocken oder sollten wir wohl besser hier übernachten?“ Cindy funkelte sie feindselig an. Das fehlte noch, dass die beiden hier übernachteten.
Lia ignorierte sie. Ein Streit wäre wohl nicht sehr intelligent, dachte sie, und daher war es wohl besser so. Die Halbchinesin dachte kurz nach und meinte dann: „Es ist wohl wirklich besser, ihr beide übernachtet hier. Es ist einfach sicherer und man müsste euch morgen nicht erst herholen.“
„Und wo sollen wir schlafen?“
„Es gibt hier in der Basis ein paar Gästezimmer, weil immer wieder unerwartete Gäste hier vorbeikommen. Dort könnt ihr übernachten, wenn ihr das wollt.“
Die beiden Mädchen sahen einander an und nickten. „Ja, das wird das Beste sein.“, stimmte auch Juna widerwillig zu. „Ich werde noch meine Mutter anrufen und ihr Bescheid sagen, dass wir bei Bekannten übernachten und sie sich keine Sorgen machen soll.“ - „Tu das, Juna, sonst macht sie wieder einen Aufstand wie beim letzten Mal als ich hier war.“ Juna seufzte: „Da hast du ja auch niemanden gesagt, wo du bist. Meine Mutter war vor Angst halb verrückt, weil sie dachte, dir sei weiß Gott was zugestoßen!“
 
Gesagt, getan. Nachdem sie Cindy und Chris eine gute Nacht gewünscht hatten, ließ Teresa Juna zuhause anrufen, dann führte sie die beiden Mädchen zum Gästezimmer, in denen irgendeine gute Seele bereits Nachthemden für sie hergerichtet hatte. Lia bedankte sich nochmals herzlich bei Teresa und wünschte ihr eine gute Nacht. Dann schlüpften die Mädchen in ihre Betten.
 
Juna musste sich nach einer Stunde eingestehen, dass sie nicht einschlafen konnte. Sie wälzte sich schlaflos hin und her und wünschte sich, sie könnte schlafen. Als sie lauschte, merkte sie, dass ihre Freundin offenbar auch nicht schlafen konnte. Da konnten sie genauso gut auch reden, dachte sie, und setzte sich auf.
 
„Du, Lia? Ist es dir eh recht, wenn ich das -san weglasse?“
Die Irin setzte sich ebenfalls im Bett auf. „Ich hab mich ohnehin schon gewundert, warum du mich nicht früher gefragt hast. Darf ich es dann aber auch bei dir weglassen?“
„Sicher. Sag' mal…war das Irisch, was du vorhin mit Chris gesprochen hast?“
„Mhm. Es ist unsere erste Muttersprache und ich wollte ihn mit etwas vertrautem beruhigen. Ich weiß nicht… er sah so schlecht aus und ich dachte, er könnte ein wenig gutes Zureden gebrauchen.“
„Die Sprache klingt schön. So fremd und alt, aber wunderschön. Ist sie schwer zu lernen?“
Lia lachte leise. Sie beugte sich zur Nachttischlampe und schaltete sie an. „Keine Ahnung. Ich bin Muttersprachlerin, aber Kollegen sagten mir, die Grammatik sei höllisch. Schätze mal, das ist so wie wenn ich dich frage, ob Japanisch schwer ist. Für mich ist es schwer, aber für dich sicher leicht.“
„Da hast du sicher Recht. Sag', wie fragt man auf Irisch, wie es jemandem geht?“
„Wieso willst du denn das wissen, Juna?“
„Naja...einfach so! Es würde mich wirklich interessieren!“
Lia hob ihre linke Augenbraue an und grinste. „Ich glaube eher, wegen Chris, nicht wahr? Mach mir nichts vor, ich weiß, dass es so ist!“ Juna zog es vor, zu schweigen, aber ihr Erröten sprach Bände.
„Ich bin aber nicht in ihn verknallt, ich liebe Tokio! Es ist nur so, dass er über sich fast nichts sagt und ich ihn aber gerne besser kennen lernen möchte, damit ich weiß, woran ich bei ihm bin.“ Lia lächelte wissend. „Kann ich mir vorstellen. Chris ist zu Außenstehenden oft verschlossen, das darf dich nicht wundern. Aber ich glaube, er mag dich! So wie er sich dir gegenüber verhält, besteht für mich kein Zweifel daran.“
„Was heißt nun Wie geht es dir?' auf Irisch?“
„Es heißt Conas atá tú?' Die Antwort ist dann meist Tá mé go maith.' Das heißt Mir geht es gut'.“
Juna versuchte, die beiden Sätze zu wiederholen, scheiterte anfangs aber kläglich. Lia kicherte.
„So ist es mir anfangs mit Japanisch auch gegangen. Aber keine Sorge, wenn du länger mit Chris und mir herumhängst, wirst du zwangsläufig einiges aufschnappen! Es ist einfach natürlicher für ihn und mich, miteinander Englisch oder Irisch zu sprechen.“
„Ich verstehe.“ Juna nickte und Lia fuhr fort: „Als wir Kinder waren, sind wir mit unseren Eltern öfters nach Galway gefahren, um irgendwelche Besorgungen zu machen. Dann haben wir uns aus Jux nur auf Irisch unterhalten! Es ist nämlich so, dass selbst viele Iren heutzutage kaum noch Irisch können. Oder ich habe mich mit Chris nur telepathisch unterhalten. Da haben wir dann meist die Leute ausgerichtet. Die haben uns dann meist ganz schön dämlich angesehen, wenn wir scheinbar grundlos zu Kichern oder gar Lachen angefangen haben!“ Sie lächelte versonnen.
„So kenne ich ihn gar nicht. Er wirkt immer so ernst und leidend.“
„Oh, du wirst sehen, er ist ein Meister darin, Leute zu foppen. Mit Vorliebe foppt und neckt er natürlich mich mit allerlei fiesen Witzen.“ Sie stöhnte. „Wenn er sich erst an meine Präsenz gewöhnt hat, wirst du sehen, was er so alles auf Lager hat! Ich glaube, das wird sogar Cindy perplex machen. Soweit ich das einschätzen kann, hat er das bei ihr nämlich bis jetzt nie gemacht.“
„Foppst du ihn auch?“
„Aber natürlich! Nach allen Regeln der Kunst! Leider kann ich nicht mehr mit ihm raufen. Das tut ja schließlich eine junge Dame nicht, außerdem ist sein Rollstuhl ein wenig im Weg. Als Kinder haben wir öfter im Scherz gerauft, aber Ma hat das nicht verstanden und geglaubt, wir machen Ernst!“
 
Juna konnte fast nicht glauben, was Lia erzählte. Das Licht, das ihre Erzählungen auf Chris warfen, war ein völlig anderes, als das ihrer eigenen Erlebnisse. War das wirklich derselbe junge Mann, den sie kannte?
Ihr war Chris immer als eher passiv und scheu erschienen. Sein Leben schien stets von Krankheit und Schwäche überschattet, Lachen und Vergnügen schienen ihm fremd. Seine Tage schienen von der Erfüllung seiner Pflichten gegenüber SEED und ihr, seiner Nachfolgerin, bestimmt zu sein und ihrer Meinung nach nahm er diese Pflichten sehr ernst.
Ihr schien allein der Gedanke, dass Chris als Junge mit seiner Schwester gerauft hatte, unmöglich, da er in seinem Rollstuhl so zerbrechlich wirkte und Cindy üblicherweise immer versuchte, jegliche Berührung und jeglichen Schaden von ihm fernzuhalten, wie als fürchte sie, er könnte daran zerbrechen.
 
Lia war den Gedanken ihrer Freundin gefolgt: „Ich verstehe, was du denkst und wenn ich ihn nur so kennen würde wie du, sähe ich ihn bestimmt genauso.“ Sie gähnte. „Ui, jetzt fühle ich mich aber richtig müde!“ Juna musste daraufhin auch gähnen: „Dein Gähnen ist ansteckend. Jetzt wo du es sagst, fühle ich mich auch sehr müde. Legen wir uns wieder nieder und schauen wir, ob wir diesmal schlafen können.“
„Hast Recht.“ Lia knipste das Licht aus und die beiden legten sich wieder hin. Diesmal waren sie binnen Minuten eingeschlafen.
 
 
Er wusste nicht, was ihn aufgeweckt hatte. Da, es klopfte an der Tür! Er öffnete schlaftrunken die Augen und sah auf die Uhr. Welcher Wahnsinnige weckte ihn um 3 Uhr früh auf!? Entweder war das ein Notfall oder jemand, der sich in der Tür geirrt hatte. Er hoffte von Herzen, dass es ersteres war, sonst würde er demjenigen etwas erzählen!
Plötzlich ging die Tür auf und Cindy kam herein, gefolgt von William, der die schlafende Lia auf dem Arm trug. Mit einem Schlag war er hellwach, setzte sich im Bett auf und runzelte fragend die Stirn.
Was geht hier vor, Cindy-chan? Was ist los?'
„Keine Ahnung, Chris-san, aber William hier sagt, er hätte deine liebe Schwester im zentralen Computerraum gefunden. Er behauptet, sie hätte geschlafwandelt.“
Chris bedeutete Cindy, für ihn zu dolmetschen und fragte: „William-san, was ist passiert? Wo hast du sie gefunden?“
Der Angesprochene neigte den Kopf: „Ich hatte unten im zentralen Computerraum Dienst. Plötzlich hörte ich ein Geräusch und als ich mich umdrehte, sah ich sie. Sie ging mit starrem, leerem Blick quer durch den Raum und summte vor sich hin. Irgendwie hat sie einen der Sessel bemerkt, die dort ja massenweise für die Techniker herum stehen, und hat sich darauf hingesetzt und weitergeschlafen. Ich habe sie dann einfach hochgehoben und weggetragen. Cindy ist mir auf dem Weg hierher begegnet, sie konnte nicht schlafen. Ich habe sie überredet, mich zu dir zu bringen, damit wir klären können, was wir mit deiner Schwester tun sollen.“
Chris schwang beunruhigt die Beine über die Bettkante und tastete im Dunkeln nach seinem Gehstock. „Lia hat das letzte Mal geschlafwandelt, als sie noch ein Kind war. Normalerweise dann, wenn irgendetwas Außergewöhnliches am Vortag passiert ist oder wenn sie innerlich aufgewühlt war. Ich könnte mir nur vorstellen, dass der heutige Kampf und die Aussicht auf die Besprechung von morgen sie durcheinander gebracht haben, obwohl das unwahrscheinlich klingt.“ Cindy lief zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Chris-san, bitte, bleib im Bett! Es ist wirklich kein Grund zum Aufstehen! Sie hat geschlafwandelt, na und? Da ist doch nichts Böses dabei! William soll sie in ihr Bett zurückbringen und basta!“ Doch als sie fertig gesprochen hatte, stand Chris bereits wacklig und humpelte zu William und seiner Schwester hinüber. Cindy schnaubte und dachte: Immer nur dieses Mädchen! Er soll sich absolut schonen, aber was tut er? Genau das Gegenteil!'
 
Als er bei den beiden angekommen war, legte er seiner Schwester die Hand auf die Stirn und versenkte sich in ihren Körper. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihr nichts fehlte und sie tief und fest schlief, vertiefte er ihren Schlaf noch zusätzlich, damit es in dieser Nacht zu keinen weiteren Störungen mehr kommen konnte.
„Trag sie in ihr Bett zurück, William-san. Aber mach keinen Lärm, damit Juna nicht aufwacht. - Cindy, danke für deine Hilfe, du kannst dich jetzt auch wieder niederlegen. Ich hoffe, das war die erste und einzige Störung in dieser Nacht.“ William nickte und verschwand. Chris kehrte zum Bett zurück, klappte den Stock zusammen, legte ihn beiseite und schlüpfte wieder unter die Decke. Das Mädchen fragte ihn: „Brauchst du noch etwas? Soll ich dir ein Glas Wasser bringen?“ - Das wäre nett von dir. Nimm dir ruhig auch eins, dann schläfst du besser.' Cindy brachte ihm ein Glas Wasser und gab es ihm ihn die Hand. Er nahm es mit einem dankbaren Nicken, trank ein paar Schluck und stellte es dann auf das Nachtkästchen. Sie tat es ihm gleich, behielt ihr Glas aber in der Hand.
„Chris, wieso kümmerst du dich so um sie und vernachlässigst mich dabei? Sie ist genauso alt wie Juna und kann daher sicherlich selber auf sich aufpassen, das hat sie ja bereits bewiesen!“
Cindy-chan, das hat nichts mit dir zu tun. Sie ist meine kleine Schwester und ich habe sie in diese ganze Angelegenheit hineingezogen. Jetzt ist es an mir, als ihr Bewahrer und ihr Bruder für ihre Sicherheit zu sorgen.'
„Ja, das verstehe ich schon, aber du tust ja weitaus mehr für sie, als nur für ihre Sicherheit zu sorgen!“ Cindy zitterte vor unterdrückter Erregung und Eifersucht. Wie sollte sie Chris verständlich machen, was sie fühlte?
 
Chris war die Reaktion des Mädchens nicht entgangen und er versuchte, sie zu beruhigen.
Das hier ist keine Liebesbeziehung! Sie ist meine Schwester und nicht meine Liebhaberin oder sonst irgendwas! Was du schon wieder denkst! Ich kann verstehen, dass dir ein Verhältnis wie das zwischen Lia und mir fremd ist, weil du es nie erlebt hast. Das ist absolut in Ordnung, aber deine Eifersucht finde ich weitaus weniger in Ordnung. Du weißt, dass ich dich wie eine Schwester behandle und dich genauso gern habe. Genauso ist es mit Lia. Wäre eine von euch in Gefahr, ich würde durch die Hölle und wieder zurückgehen, wenn es notwendig wäre, euch rauszuholen! Das weißt du genau!'
Cindy brauste auf: „Aber warum umarmst du sie dann? Mich berührst du so selten!“
Er seufzte und erklärte: Das hat auch nichts mir dir zu tun, sondern einfach mit dem Faktum, dass Lia und ich blutsverwandt sind. Ich habe dir ja erzählt, dass ich als Bewahrer, ehemaliger Avatar der Zeit und hochsensitiver Mensch nicht jeden x-beliebigen berühren kann und darf. Das hat einen einfachen Grund: Wenn ich jemanden, ohne mich bewusst abzuschirmen, z.B. an der Hand berühre, dann berühre ich automatisch seine Aura und damit bekomme ich alles über diesen Menschen mit. Da ich körperlich schwach bin - energetisch quasi wie ein ausgetrockneter Schwamm -, kann es außerdem passieren, dass ich ihm reflexartig Energie abziehe oder - wenn seine Aura mit meiner inkompatibel ist - es zu einer Energieentladung in meine Energiekanäle kommt, was für keinen von uns beiden gut ist. Für mich kann das zu schlimmen Problemen führen, die mich im Extremfall umbringen könnten. Lia ist mit mir verwandt, daher sind unsere Auren kompatibel. Außerdem ist sie ausgebildet und kann ihrerseits verhindern, dass ich ihre Energie abziehe. Deshalb kann ich sie gefahrlos berühren. Das ist also nichts gegen dich, Cindy.'
Er konzentrierte sich, schirmte sich bewusst ab und berührte ihre Hand. Du siehst, es ist möglich, kostet mich aber Kraft. Kraft, die ich derzeit kaum entbehren kann.'
 
Cindy senkte den Blick. Warum riss sie ihr Temperament immer mit?
„Chris, wie kommt es, dass du immer genau weißt, was du mir sagen musst, um mir zu helfen? Ich…“
Er sah sie lächelnd an: Vielleicht, weil ich dich gern habe und du mir wie eine kleine Schwester bist? Na komm, geh wieder ins Bett! Morgen ist ein langer Tag.' Sie sah ihn an, drückte seine Hand und lief aus dem Zimmer. Seufzend legte er sich nieder und schlief ein.
 
 
 
Chris! Geht es dir nicht gut!?