Weiss Kreuz Fan Fiction ❯ A price to pay ❯ Gewissen ( Chapter 4 )

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Gewissen

Aya erwachte zögernd aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Es dauerte eine Weile, bis er vollkommen wach war. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so friedlich geschlafen hatte. Und wie lange war es her, dass er langsam und ruhig und nicht mit einem Schlag erwacht war? Er konnte sich nicht daran erinnern.

Draußen war es bereits hell und die ersten Sonnenstrahlen ließen ihn blinzeln. Genüsslich reckte und streckte er seinen Körper, als sich plötzlich ein weiterer Körper dichter an ihn kuschelte. Schlagartig hörte er auf sich zu bewegen und dann wurde ihm jäh bewusst, dass er nicht in seinem Bett in seinem Zimmer lag. Die Erinnerung an die Ereignisse der letzten Nacht stürmte mit dieser Erkenntnis ungebremst auf ihn ein.

Aya wagte nicht sich zu bewegen. Der schmale, warme Körper neben ihm musste Omi sein, daran bestand kein Zweifel. Auch wenn er die Augen im ersten Schock geschlossen hatte, der Duft von Omis Shampoo, der ihm noch nie so intensiv in die Nase gestiegen war, war einfach unverkennbar. Er kniff die Augen fest zusammen, bis bunte Funken vor seinen inneren Lidern tanzten. Verzweifelt versuchte er sich einzureden, dass er noch schlief und dass das hier alles nur ein Traum sei, aber das Gefühl eines kleinen Körpers, der sich vertrauensvoll an ihn geschmiegt hatte, blieb. Zitternd holte er Luft und öffnete langsam wieder die Augen. Als er den Kopf zur Seite neigte, konnte er seinen jüngeren Teamkameraden neben sich liegen sehen.

Omi lag auf der Seite und hatte sich so dicht wie möglich an ihn gekuschelt. Die Augen mit den langen, hellen Wimpern waren noch immer geschlossen und der ruhige und gleichmäßige Atem des Jungen zeigte ihm, dass dieser noch tief und fest schlief. Ein feines, glückliches Lächeln lag auf dem friedlichen Gesicht, die Wangen leicht gerötet, das blonde, weiche Haar zerzaust. Bei dem Gedanken an das, was in der Nacht zuvor geschehen war, krampfte sich Ayas Herz vor Schuldgefühlen und Scham zusammen. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? War sein Wunsch nach Nähe, nach etwas Menschlichkeit so übermächtig geworden, dass er für die Aussicht auf ein bisschen Glück in den Armen eines anderen jegliche Moral und Ethik vergaß?

Vorsichtig versuchte Aya sich von dem schlafenden Jungen zu lösen und stellte zu seinem Schrecken fest, dass dieser nicht nur einen Arm quer über seine Brust gelegt hatte, sondern dass auch noch eines von Omis Beinen zwischen seinen lag. Einen Fluch gerade noch unterdrückend stieß er statt dessen einen leisen Seufzer aus. Er musste aufstehen und das Zimmer verlassen, bevor Omi aufwachte. So behutsam wie möglich rutschte er an den Rand des Bettes und glitt sachte aus der sanften Umarmung des entspannten Körpers seines jungen Freundes. Er sah sich im Zimmer um und entdeckte seine Kleidung, die über den Boden verstreut lag, zog sich schnell an und verließ den Raum so leise wie möglich. Er brauchte eine Dusche, eine möglichst kalte Dusche, um so schnell wie möglich einen klaren Kopf zu bekommen und sich zu überlegen, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er ging noch kurz in sein Zimmer um sich frische Sachen zu holen und verschwand dann im Bad.

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Schuldig erwachte mit einem Ruck. Nach Luft japsent griff er sich an die Brust. Er hatte das Gefühl, als ob sein Herz gleich vor Schmerz explodieren würde. Er brauchte eine Weile bis er begriff, was geschehen war. Er hatte die ganze Nacht über, selbst ihm Schlaf, mit Aya in Kontakt gestanden. Es war zwar nur eine schwache, oberflächliche Verbindung gewesen, aber auf diese Weise hatte er sicherstellen wollen, dass er jede weitere Aktivität der beiden *Liebesvögel* mitbekam, selbst wenn er tief schlafen sollte. Aber anstatt von sanften, liebevollen Gefühlen geweckt zu werden, brachen Ayas Schuldgefühle und Gewissenbisse über ihn hinein und drohten ihm in ihrer Intensität den Verstand zu rauben. Es kostete ihn einige Anstrengung sich soweit abzuschirmen, dass er diese Empfindungen zwar noch wahrnahm, aber nicht mehr in der schmerzhaften Stärke wie zu Anfang. Einige sehr tiefe Atemzüge später hatte er sich wieder unter Kontrolle.

"Verdammt!"

Er hatte nicht damit gerechnet von so intensiven, negativen Gefühlen geweckt zu werden. Er überlegte kurz, ob er beruhigend auf Aya einwirken sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es konnte für ihn nur zum Vorteil sein, wenn sein rotes Kätzchen sich nicht weiter mit seinem jungen Teamkollegen einließ. Aber es konnte nicht schaden, wenn er ein wenig Spionage betrieb. Behutsam streckte er seine Fühler aus und lauschte den konfusen Gedanken.

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Aya zitterte unter dem kalten Strahl der Dusche, aber es half ihm einen klaren Kopf zu bekommen. Die Erinnerung an die Ereignisse des vorherigen Abends ließ sich so allerdings nicht vertreiben. Nach seinem Geständnis hatte sich Omi wieder in seine Arme geworfen und sie hatten sich in einem wilden, intensiven Kuss verloren. Er hatte den Jungen sanft an sich gedrückt, als dieser auf seinen Schoß rutschte. Er hatte die harte Erregung des Jungen an seinem Bauch gefühlt, während seine eigene Härte sich verlangend gegen den Po des Jungen drückte. Seine Hände waren wie von selbst über den schmalen Rücken geglitten, um ihn zu halten, zu streicheln, zu liebkosen.

Omi hatte angefangen in seinen Mund zu stöhnen und sich immer fester an ihn geschmiegt. Als aus dem unregelmäßigen Stöhnen ein unkontrolliertes Keuchen wurde, hatte es nicht mehr lange gedauert, bis Aya etwas Feuchtes und Klebriges auf seinem Bauch fühlte und der zierliche Körper in seinen Armen langsam in sich zusammengesackt war. Omis Kopf war auf seine Schulter gesunken, das feine, feuchte Haar hing ihm unordentlich über dem Gesicht. Er hatte geduldig gewartet, bis der Junge sich wieder beruhigt hatte und sanft das feuchte Haar aus dem geröteten Antlitz gestrichen.

Aya schüttelte sich und stellte das heiße Wasser an. Er fühlte sich mit einem Mal schmutzig, besudelt und das nicht nur wegen des spärlichen Rests von Omis Samen, der an seinem Bauch klebte. Energisch griff er nach der Seife und einem Waschlappen und begann sich abzuschrubben. Doch seine Gedanken wanderten wieder zurück und er erinnerte sich daran, wie Omis Hände sanft über seine Brust geglitten waren, nachdem der Junge sich von seinem Orgasmus erholt hatte. Leichten Küsse, die auf seinem Hals und den Schultern verteilt wurden, Fingerspitzen, die um langsam hart werdende Brustwarzen kreisten, ein warmer Mund, der vorsichtig tiefer wanderte und eine feuchte Zungenspitze, die über die harten Knospen strich.

Er hatte den Kopf zurückgeworfen und sich ganz den sinnlichen Gefühlen hingegeben, die der Junge in ihm weckte. Hatte vor Lust aufgestöhnt, als eine kleine Hand nach seiner Härte gegriffen hatte und diese mit sanften, regelmäßigen Strichen massierte. Er hatte es genossen, als sich ein Paar hungriger Lippen um seine harten Brustwarzen schloss und an ihnen gesaugt hatte. Als Omi dann leicht an ihnen knabberte, war er mit einem tiefen Stöhnen in Omis Hand gekommen.

Wieder kniff er die Augen fest zusammen, um die Erinnerungsbilder aus seinem Kopf zu verbannen, wieder ohne Erfolg. Er hatte den Jungen auf den Arm genommen und sie waren zusammen in Omis Bett eingeschlafen. Es war lange her, dass er so entspannt und gelöst eingeschlafen war und es hatte ihm gefallen. Aya bemerkt, wie ihm Tränen der Scham über das Gesicht liefen. Mit einer wütenden Geste wischte er sie weg und schlug dann mit der geballten Faust wieder und wieder gegen die Fliesen.

"Nein. Nein. Nein. Wie konnte das nur geschehen? Das war nicht ich! Wie habe ich das nur zulassen können?"

Langsam begann seine Hand zu schmerzen und er versuchte sich mühsam wieder zu beruhigen. Verzweifelt raufte er sich die Haare, während er vergeblich nach einer Erklärung für sein Verhalten suchte.

"Es wird nicht wieder vorkommen. Ich habe einen Fehler gemacht. Einen großen Fehler."

Er zuckte zusammen, als ihn ein kalter Luftzug streifte, und wirbelte erschrocken herum. Omi hatte den Duschvorhang zur Seite gezogen und stand hinter ihm. Seine großen, blauen Augen blickten ihn ängstlich an. Aya seufzte tief auf. Die Situation glitt ihm mehr und mehr aus den Händen. Aber er musste mit dem Jungen reden und je eher desto besser.

"Wir müssen reden, Omi."

Der blonde Junge öffnete den Mund, aber Aya schüttelte energisch den Kopf. Schnell stellte er die Dusche ab und wickelte sich ein großes Handtuch um den Körper.

"Hör mir bitte erst zu."

Er musste ein paar Mal tief durchatmen, bevor er sich soweit gesammelt hatte, das er in der Lage war seine Gedanken zu formulieren. Omi starrte ihn weiter an und das machte es ihm auch nicht leichter.

"Das von gestern Abend wird sich nicht wiederholen. Ich habe einen Fehler gemacht, Omi, und es tut mir leid. Sehr leid sogar."

Er hob eine Hand, um Omi daran zu hindern zu protestieren. Mit einem traurigen Lächeln fuhr er fort.

"Es spielt keine Rolle, ob du der Meinung bist, dass du schon so weit bist. Und es spielt auch keine Rolle, ob du schon volljährig bist oder nicht. Wichtig ist, das ich..."

Er stockte und versuchte dem verzagten Ausdruck in Omis Augen auszuweichen. Aber er konnte jetzt nicht einfach aufhören.

"Für mich bist du ein Freund, Omi. Mein Freund und mein Teamkamerad. Ich will damit nicht sagen, dass es falsch ist einen Freund zu lieben und eine Beziehung mit ihm zu haben, aber du bist einfach ..."

Wieder stockte er und suchte verzweifelt nach Worten, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Schließlich fuhr er leise fort.

"Es ist meine Schuld. Ich hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen. Der Preis ist einfach zu hoch."

Als er die Tränen in Omis Augen entdeckte, bereute er seine Worte zutiefst. Doch konnte und wollte er sich nicht wieder von seinen Gefühlen und seinem eigenen Verlangen überwältigen lassen. Diesen unverzeihlichen und unerklärlichen Fehler hatte er am Abend zuvor begangen. Aber der Schmerz in Omis Blick zeriss ihn innerlich und er musste die Augen abwenden.

"Willst du damit sagen, dass du dich nur aus Mitleid mit mir abgegeben hast?"

Omis Stimme schwankte zwischen unendlicher Traurigkeit und tiefer Verachtung, aber letztendlich siegten die Tränen, die kurz darauf über sein Gesicht liefen.

Aya wollte ihn an den Schultern packen und schütteln, aber er riss sich zusammen. Das würde die Situation wahrscheinlich nur verschlimmern. Der Junge war verwirrt, aber ihm ging es nicht besser. Was war nur über ihn gekommen? Es war absolut nicht seine Art sich so zu öffnen, sich seinem eigenen Verlangen hinzugeben. Doch bevor er diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, hatte sich ein zierlicher, bebender Körper in seine Arme geworfen. Im ersten Reflex wollte er die Umarmung des Jungen erwidern, doch er bremste sich noch rechtzeitig. Das würde alles nur noch schlimmer machen. Sanft griff er nach den schmalen Handgelenken und löste Omis Klammergriff.

"Omi?"

Der Junge hob das tränennasse Gesicht und sah Aya gequält an. Kein Laut kam über seine zitternden Lippen, als er versuchte Ayas festen Blick zu erwidern.

"Was empfindest du wirklich für mich?"

Omi begann nervös an seiner Unterlippe zu nagen. Dieser plötzliche Themenwechsel verwirrte ihn. Er wollte nicht darüber nachdenken, was er für Aya empfand. Er versuchte verzweifelt zu begreifen, warum Aya nicht ebenso für ihn empfand wie er für ihn. Aber offensichtlich zweifelte Aya an seinen Gefühlen. Oder konnte es tatsächlich sein, dass Aya recht hatte? Omi holte ein paar mal zitternd Luft, um sich wieder zu beruhigen.

Aya saß auf dem Wannenrand und blickte ihn forschend an. Auch wenn es nicht derselbe gleichgültig kalte Ausdruck war, der so typisch für ihn war, so musste Omi doch innerlich frösteln. Die Wärme, die noch am Abend zuvor in diesen unergründlich violetten Augen geleuchtet, hatte war verschwunden. Die Lippen, die ihn noch am Abend zuvor sanft liebkost hatten, waren zusammengekniffen und erinnerten in keiner Weise mehr an den leidenschaftlichen Mund, der sich so hungrig auf seinen gepresst hatte. Der da vor ihm war nicht derselbe Mensch, dem er sich gestern hingegeben hatte.

"Ich habe dich lieb."

Seine geflüsterten Worte brachten Aya lediglich dazu seine Handgelenke loszulassen. Verzweiflung machte sich in dem Jungen breit. Aya hatte ihm doch am Abend zuvor auf dieses Geständnis mit genau denselben Worten geantwortet. Warum schwieg er jetzt? Warum tat er nichts, um diesen Schmerz in seinem Inneren zu lindern?

Aya kämpfte mit seinen Gefühlen. Noch immer schwankte er zwischen dem Wunsch, den Jungen in den Arm zu nehmen und zu trösten und dem Bedürfnis aufzustehen und das Bad einfach zu verlassen, hin und her. Aber beides fühlte sich falsch an. Er konnte Omi nicht umarmen und ihm damit wieder Hoffnung machen. Andererseits wollte er ihn auch nicht einfach so zurücklassen. Auch wenn er nicht der Urheber dieser Misere war, so fühlte er sich dennoch verantwortlich. Schließlich hatte er sich letztendlich wohl doch von Omi verführen lassen. Aber er musste einen Weg aus dieser Sackgasse finden.

"Ich weiß, dass du mich lieb hast, Omi. Und du bedeutest mir auch sehr viel. Aber ich liebe dich nicht. Und du liebst mich auch nicht. Das, was gestern Abend geschehen ist, hätte darum nicht geschehen dürfen."

"Aber warum nicht? Ich vertraue dir, ich fühle mich sicher in deiner Nähe und .. und ...... "

Omi stockte und langsam drang die Bedeutung von Ayas Worten zu ihm durch. Er hatte ihm lediglich gesagt, dass er ihn lieb hätte, nicht, dass er ihn lieben würde. Aber wo war da der Unterschied? Wenn Aya tatsächlich recht hatte, wenn das Gefühl, dass er dem Rothaarigen entgegenbracht, keine Liebe war, was dann? Omis Wangen färbten sich rot. Er hatte sich Aya an den Hals geworfen wie ein Liebeskranker Teenager, wie eines der Fangirls, die den Laden tagtäglich heimsuchten. Hatte sich von irgendwelchen hormongesteuerten Träumen beeinflussen lassen und falsche Schlüsse gezogen, weil sein Körper plötzlich Bedürfnisse anmeldete, die ihm unverständlich waren. Gewiss, vom Verstand her war ihm klar, was los war, aber offensichtlich hatte sein Verstand gestern Abend glorreich einen Abgang gemacht und im Kampf mit überbordenden Hormonen den Kürzeren gezogen.

"Ich schäme mich so."

Angesichts des Häufchen Elends vor ihm konnte Aya ein trauriges Lächeln nicht unterdrücken. Omi sah so verloren und hilflos aus, wie er da mit gesenktem Kopf und schamroten Wangen vor ihm stand.

"Du musst dich nicht schämen. Ich denke einfach, dass dir die Pubertät im Moment einfach ein bisschen viel zu schaffen macht. Und wahrscheinlich ist es bei dem Leben, das wir führen, auch nicht verwunderlich, wenn wir voneinander Träumen. Wir haben schließlich niemanden außer uns."

Den letzten Satz hätte Aya am liebsten wieder zurückgenommen, aber er hatte das Gefühl, dass er damit genau das Richtige gesagt hatte. Omi hob nämlich den Kopf und lächelte ihn glücklich an.

"Du bist mir also nicht böse?"

Aya schüttelte energisch den Kopf und stand dann auf, um sich anzuziehen.

"Nein, Omi. Ich hätte mir nur für dich gewünscht, dass du dein erstes Erlebnis dieser Art mit jemanden hast, der dich wirklich liebt."

Omi grinste ihn verschmitzt an.

"Dafür, dass du mich nicht liebst, hat es mir aber sehr gut gefallen."

Aya biss sich auf die Zunge, um nicht laut aufzustöhnen. Ging das jetzt etwa schon wieder los? Aber zu seiner Verwunderung marschierte Omi in Richtung Tür, um das Bad zu verlassen.

"Aber vielleicht sollte ich ja wirklich auf meine wahre große Liebe warten."

Aya starrte verblüfft auf die sich langsam schließende Badezimmertür.

*

*

Nagi saß beim Frühstück, als ein außerordentlich gut gelaunter Schuldig die Küche betrat und gleich auf die Kaffeemaschine zusteuerte. Nagi wusste, dass sowohl der Deutsche als auch Crawford den Tag mit einer Tasse Marke Auferstehung zu beginnen pflegten und hatte daher schon einen entsprechenden Kaffe aufgesetzt. Schuldigs überaus gute Laune verwunderte ihn aber doch, ebenso wie die frühe Stunde, zu der der Telepath schon munter war. Normalerweise musste man ihn doch mit Gewalt aus dem Bett zerren. Dass er freiwillig aufstand, bedeutete entweder etwas sehr gutes oder etwas sehr schlechtes. Nagi beschloss dem auf den Grund zu gehen.

"Was hast du angestellt?"

Schuldig wandte sich dem jungen Telekineten mit verwundert hochgezogenen Augenbrauen zu. Dann grinste er breit und setzte sich mit an den Tisch.

"Dafür bist du noch ein wenig zu jung, mein Kleiner."

"Nenn mich nicht Kleiner. Und ich bin nicht zu jung."

Nagi funkelte den Älteren verärgert an. Dieser brach aber nur in schallendes Gelächter aus und widmete sich dann wieder seinem Kaffee.

"Du stehst doch sonst nicht freiwillig auf und wenn, dann hast du auch nicht so gute Laune. Also, was hast du angestellt?"

Schuldig schüttelte noch immer belustigt grinsend den Kopf.

"Ich sagte schon, dafür bist du zu jung und zu unschuldig."

Der dunkelhaarige Junge verdrehte nur die Augen und seufzte genervt auf.

"Wenn man mit dir unter einem Dach wohnt, hat sich das mit dem Unschuldig schnell erledigt. Lass mich raten, du hast dich mal wieder mit jemandem vergnügt. Wer war es denn diesmal? Irgendein Mädchen, das du in einer Bar aufgelesen hast oder hast du dir jemanden von der Straße mitgebracht?"

Das Grinsen auf Schuldigs Gesicht wurde breiter.

"Hast du etwa an meiner Tür gelauscht?"

"Dazu muss ich nicht an deiner Tür lauschen, du bist auch so laut genug."

"Und das sagst du so einfach ohne rot zu werden? Nagi, Nagi, ich bin entsetzt. Was soll bloß aus dir werden?"

Kichernd trank Schuldig noch einen Schluck Kaffee, dann stellte er die leere Tasse ins Spülbecken. Er konnte den durchbohrenden Blick des Jungen förmlich in seinem Rücken spüren, aber ignorierte ihn. Das hier war sein Spiel und er wollte sich nicht den Spaß verderben lassen, indem auch noch Nagi anfing ihm Vorwürfe über Unvorsichtigkeit und Leichtsinn zu halten. Und das würde der Junge mit Sicherheit tun, wenn er erfuhr, mit wem er sich da vergnügte. Also war es besser der Junge erfuhr nichts.

Schuldig wollte die Küche gerade verlassen, als er spürte wie ihn unsichtbare Kräfte festhielten. Er warf Nagi einen verärgerten Blick zu.

"Lass mich los. Es geht dich nichts an. Oder hat Crawford dich gegen mich aufgehetzt?"

Eine leichte Röte zog über Nagis Gesicht und er ließ Schuldig los.

"Ich will doch bloß verhindern, dass dir was passiert. Er hat gesagt, dass du stirbst wenn du dich mit Abyssinian einlässt."

Nagi blickte den Deutschen ruhig an. Crawfords Warnung hatte ihn zuerst beunruhigt, aber als er dann von dem Amerikaner hörte, wie Schuldig darauf reagiert hatte, war er wütend geworden. Der Telepath würde durch seine Eskapaden die Sicherheit des Teams gefährden und das musste um jeden Preis verhindert werden.

"Mir passiert schon nichts. Glaub mir, ich will nur ein wenig Spaß haben und mehr nicht. Außerdem ist ja gar nicht gesagt, dass mein angeblicher Tod tatsächlich mit Abyssinian zusammenhängt. Oder hat unser furchtloser Anführer dir mehr erzählt als mir?"

Schuldig legte einen Finger sanft unter Nagis Kinn und kippte den Kopf des Jungen leicht zurück um ihm fest in die Augen zu sehen. Sein prüfender Blick wurde ruhig erwidert und dann schüttelte Nagi langsam den Kopf.

"Er sagte nur, dass er dir die selbe Warnung zukommen lassen hat und du hättest nicht auf ihn hören wollen. Was hast du nur wieder angestellt, Schuldig?"

Mit einem tiefen Seufzer setzte der Deutsche sich wieder an den Tisch. Er kannte den Jungen gut genug um zu wissen, dass dieser nicht locker lassen würde, bis er ihm alles erzählt hätte. Also begann er zu erzählen.

"Abyssinian fasziniert mich. Er ist so anderes, das genaue Gegenteil von mir. Ich möchte einfach wissen, was sich hinter dieser kalten Maske aus Eis versteckt. Und dazu kommt, dass er einfach verdammt sexy aussieht."

Nagi hörte ihm schweigend zu und gab durch ein kleines Nicken zu verstehen, dass er mehr wissen wollte. Schuldig fuhr also fort.

"Okay, ich gebe zu, ich will eine Nacht mit ihm verbringen. Mit allem Drum und Dran."

"Wieso benutzt du nicht einfach deine Kräfte und manipulierst ihn? Das wäre doch viel einfacher und sicherer?"

Schuldig feixte Nagi breit an.

"Das würde aber keinen Spaß machen. Ich will ihn dazu bringen, dass er freiwillig zu mir kommt und ich will, dass er genau weiß, was da passiert. Er soll sich daran erinnern können."

"Er wird dich töten."

"Das wird er nicht. Crawford sagte doch: Niemand von Weiß wird dich töten. Also auch Abyssinian nicht. Und außerdem werde ich dafür sorgen, dass er die Nacht seines Lebens hat."

Nagi verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen.

"Und wie willst du das machen? Der Typ ist kälter als Eis, glaubst du wirklich ein bisschen Sex könnte ihn auftauen?"

"Was glaubst du wohl, warum ich so gute Laune habe? Ich weiß jetzt, wie ich ihn in Stimmung bringen kann. Wenn ich vorhabe, jemanden zu verführen, dann bereite ich mich natürlich entsprechend vor."

Schuldig brach in lautes Gelächter aus, als er Nagis verblüfftes Gesicht sah.

"Ich habe ein wenig mit seinem und mit Bombays Unterbewusstsein gespielt. Nicht viel, nur eben genug, dass sie ihre Hemmungen verlieren. War echt eine Show, die der Kleine dann abgezogen hat, ich kann dir sagen. Da steckt echt Potential dahinter. Vielleicht solltest du ihn bei euerer nächsten Begegnung mal etwas genauer unter die Lupe nehmen."

Er zwinkerte dem Jungen verschwörerisch zu, aber dieser schüttelte nur verärgert den Kopf.

"Was genau hast du gemacht?"

Schuldig seufzte auf. Okay, sein Ablenkungsmanöver hatte nicht funktioniert.

"Ich habe Abyssinian von seinem kleinen Freund träumen und Bombay glauben lassen, dass seine Gefühle für ihn mehr als nur Freundschaft sind. Der arme kleine Kerl hat schwer mit seiner Pubertät zu kämpfen. War daher kein Problem ihn zu beeinflussen. Und Abyssinian war durch Bombays Aktionen einfach zu, sagen wir abgelenkt um zu merken, dass er nicht er selbst war."

"Du hast ihn gezwungen mit Bombay zu schlafen?"

Der Telepath schüttelte verächtlich den Kopf.

"Natürlich nicht. Schließlich will ich für Abyssinian der Erste sein und außerdem hätte ich da schon mehr machen müssen und das wäre ihm aufgefallen. Und schließlich ist Bombay ja dein Gegner. Wenn jemand das Recht hat das blonde Engelchen ins Bett zu bekommen, dann doch wohl du, oder?"

Der Junge schnaubte verächtlich durch die Nase.

"Also wirklich, Schuldig, eben hast du noch behauptet, ich wäre zu jung für so ein Thema und jetzt willst du mich schon mit meinem Feind verkuppeln."

Der Angesprochene brach wieder in schallendes Gelächter aus auf das der Telekinet mit einer leicht säuerlichen Miene reagierte.

"Warum eigentlich ausgerechnet Bombay?"

Nagi konnte sich einfach nicht vorstellen, warum der Deutsche ausgerechnet das jüngste Mitglied von Weiß für seine Pläne benutzt hatte.

"Ganz einfach. Weil Abyssinian vom ihm so etwas am allerwenigsten erwartete hätte."

"Und wozu das ganze?"

Schuldig verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte den Jungen zufrieden an.

"Um herauszufinden was ihm gefällt, ganz einfach. Ich will, dass er die Nacht mit mir genießt, dass es für ihn zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Ich will, dass er sich danach zurücksehnt, dass er von mir träumt, sich vor Sehnsucht nach mir verzehrt. Und das ganz freiwillig und ohne Zwang."

Nagi schüttelte zweifelnd den Kopf.

"Egal wie gut du dich auf "Die Nacht seines Lebens" vorbereitest, er wird sich niemals freiwillig mit dir treffen. Es sei denn, um dir sein Schwert durchs Herz zu jagen."

"Oh, doch mein Kleiner, das wird er. Er wird ganz von alleine zu mir kommen und das auch ganz freiwillig und ohne sein Katana."

"Niemals. Dafür hasst er uns zu sehr. Hast du vergessen, dass wir diejenigen waren, die seine Eltern getötet haben? Wir haben sein Elternhaus in die Luft gejagt und er wäre beinahe selber bei der Explosion ums Leben gekommen. Er hat uns damals gesehen. Hast du daran gedacht? Und glaubst du allen Ernstes, dass er es vielleicht vergessen hat?"

Schuldigs Grinsen verschwand und machte einer missmutigen Miene Platz. Seine gute Laune war dahin. Er hatte es nicht vergessen. Und er wusste, dass Abyssinian es auch nicht vergessen hatte.

"Wie willst du ihn überhaupt dazu bringen? Gehst du zu ihm und sagst einfach: Hey Abyssinian. Ich finde dich sexy, lass uns eine heiße Nacht miteinander verbringen? Du bist tot bevor du den Mund aufmachst."

Schuldig knurrte lediglich etwas unverständliches als Antwort. Nagi ließ nicht locker.

"Was hast du vor?"

"Ich habe dir gesagt, was ich vor habe und damit basta. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Mir passiert nichts."

Damit stand der Deutsche wieder auf und ging an dem dunkelhaarigen Jungen vorbei. Kurz legte er ihm noch beruhigend die Hand auf die Schulter und lächelte ihn dann an.

"Du machst dir zu viele Sorgen, Nagi. Überlass das Crawford. Du solltest dir lieber überlegen was du mit dem süßen Bombaykätzchen machst, wenn du ihn das nächste Mal siehst."

Der Telepath zwinkerte seinem Teamkameraden noch einmal verschwörerisch zu bevor er die Küche verließ und in sein Zimmer zurück ging. Nagi blickte ihm schweigend hinterher.

"Wenn das mal nur gut geht.", flüsterte er kaum hörbar. "Wenn das mal nur gut geht."